Verleger seien in der gegenwärtigen Situation nicht nur für das ökonomische Gedeihen ihrer Verlage gefordert, sondern «haben im vermehrten Masse publizistische Verantwortung zu übernehmen», unterstrich Hanspeter Lebrument, Präsident des Verbandes Schweizer Presse (VSP), am Jahreskongress des Zeitungsverlegerverbandes am Freitag in Lausanne. Er leitete diese Forderung aus der aktuellen Situation ab, die er unter dem Einfluss von direkter oder indirekter Presseförderung sowie des Kartellrechts skizzierte. Zudem werde der Einfluss der Gerichte immer stärker spürbar: «Es scheint, dass die Gerichte ihre Praxis gegenüber der Presse - handle es sich um Schadenersatz, Rufschädigung, Ehrverletzung, Eindringen in die Privatsphäre - verschärfen.» Dabei sagte er auch etwas, das Journalisten nicht gerne hören werden: «Die Aufrechterhaltung der Pressefreiheit wird auch in Zukunft wie in den vergangenen Jahren zu Lasten der inneren Pressefreiheit gehen.»
Einen Seitenhieb gabs - wie nicht anders zu erwarten gewesen war - für den Stiftungsrat des Presserats, der es kürzlich abgelehnt hatte, die Verleger in sein erlauchtes Gremium aufzunehmen. Die Schweiz sei damit mit Malta das einzige Land, in dem ausschliesslich Journalisten Mitglieder des Presserats seien. «Das ist nicht von Gutem, und die Ernst zu nehmende Medienwissenschaft in diesem Land sieht denn auch schwarz», sagte Lebrument wörtlich. «Eine im Innern geschwächte Selbstkontrolle, die nicht von allen Verantwortlichen getragen und finanziert wird, muss ihr Ziel verfehlen.» Dieses Ziel wäre es, «einen grossen Teil der Kritiken ohne die Inanspruchnahme von Gerichten lösen zu können», meinte er, aber die Konsequenz des Verhaltens des Presserats-Stiftungsrats sei genau die gegenteilige: «Immer mehr unzufriedene Leserinnen und Leser wenden sich mit Klagen an die Gerichte statt an den Presserat.»
Zum Schluss gab VSP-Präsident Lebrument einen Breitseite ab gegen die gesetzliche Verankerung von Werbeverboten jeder Art. Diese würden nicht zum erhofften Ziel eines verminderten Konsums von Genuss- und Suchtmitteln führen, sondern zu einer Ausdünnung der Presselandschaft, warnte er. Ob viel oder wenig geraucht werde, nannte er ein Beispiel, sei nicht eine Folge der Gesetze und Einschränkungen, sondern habe mit gesellschaftlichen Konventionen zu tun. So sei ihm in einer Rückblende auf eine Fernsehsendung aus den 70er-Jahren aufgefallen, wie viele Glimmstängel damals am Bildschirm zu sehen gewesen seien, was heute nicht mehr möglich sei - ganz ohne Verbote. - Mehr zum VSP-Jahreskongress: VSP-Jahreskongress: «Ein Teil der Krise ist hausgemacht», VSP-Jahreskongress: Weshalb die Printmedien verlieren und VSP-Jahreskongress: Wo wird in Zukunft Geld verdient?
Samstag
18.09.2004