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Dienstag
16.05.2006

Die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen (RoG) hat am Dienstag verlangt, den bisher geheimen Untersuchungsbericht über die Bespitzelung von Journalisten durch den deutschen Bundesnachrichtendienst (BND) öffentlich zu machen. Ebenfalls hat RoG anlässlich der Sondersitzung des zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremiums vom Dienstag gefordert, die Vorfälle lückenlos aufzuklären. «Die vollständige Aufklärung eines solch gravierenden Vorgehens eines Staatsorgans gegen die Pressefreiheit darf nicht einem geheim tagenden Gremium überlassen bleiben, sondern muss öffentlich geführt werden», fordert RoG. Reporter ohne Grenzen begrüsst die am Montag bekannt gewordene Anweisung des Kanzleramtes, zukünftig weder Journalisten zu bespitzeln noch als Informanten zu führen. Offen sei aber weiterhin, wer die bisherige illegale Praxis zu verantworten habe und wie zukünftig die Kontrolle über den BND aussehe, damit sich solch skandalöse Vorgänge nicht wiederholten. Das parlamentarische Kontrollgremium sei dazu offenkundig nicht in der Lage.

Ein Bericht von Gerhard Schäfer, ehemaliger Bundesrichter und für dieses Thema als Sonderermittler tätig, hat ergeben, dass der BND von Anfang der 90er-Jahre bis zum Herbst 2005 Journalisten umfassend überwachen liess. Interessiert hat sich der BND laut Medienberichten in erster Linie für Journalisten, die über die Aktivitäten des Geheimdienstes recherchiert hatten. Um an die Informanten aus den eigenen Reihen zu kommen, heuerte der BND dem Bericht zufolge auch Journalisten an. «Dass Journalisten für Nachrichtendienste arbeiten, ist mit dem Berufsethos nicht vereinbar. Journalisten, die Spitzeldienste leisten, schaden der Glaubwürdigkeit und dem Ansehen der Medien», betont RoG. Die Organisation erinnert daran, dass dieser Grundsatz in Deutschland auch im Pressekodex des Deutschen Presserats festgeschrieben ist (Richtlinie 6.2.). - Mehr dazu: Ex-BND-Direktor führte angeblich Journalisten als Quellen und Deutscher Bundesnachrichtendienst bespitzelte Journalisten in grossem Stil