Die im Verband Schweizer Presse zusammengeschlossenen Verleger haben am Donnerstag an ihrer Mitgliederversammlung in Interlaken Mindeststandards für die Sozialpartnerschaft verabschiedet. Einen entsprechenden Vorschlag des Präsidiums hiessen die Mitglieder gut. Der Leiter des zuständigen Departements Sozialpartnerschaft, Josef J. Zihlmann, bezeichente die Standards als «positiv, vor allem für die Neueinsteiger, da für sie der alte GAV nicht mehr gelten würde.» VSP-Präsident Hanspeter Lebrument betonte am Donnerstagnachmittag vor den Medien, dass von den Berufsverbänden «keine substanziellen Beiträge zu diesem Thema gekommen sind», weshalb der Verlegerverband allein habe handeln müssen. Für Verhandlungen zeigte er sich grundsätzlich offen, forderte aber einen Positionsbezug der Medienschaffenden: «Verhandelt wird, wenn die Positionen auf den Tisch kommen.»
Die Journalistenverbände Comedia und Impressum zeigten sich hingegen vom Entscheid brüskiert: «Unter dem Strich handelt es sich bei diesen Minimalstandards um notdürftige Feigenblätter, die nicht kaschieren können, dass damit das Einfallstor zu massiven Verschlechterungen geöffnet wird», schrieben sie gleichentags in einer Medienmitteilung.
Die Löhne sind nicht explizit in den Mindeststandards geregelt. Sie sollen auf Ebene des Einzelbetriebes festgelegt werden. Diese Bestimmung hatte zu einem Zerwürfnis mit den Verbänden der Medienschaffenden geführt. Da keine Einigung erzielt werden konnte, hatten die Verleger vor einem Jahr den Gesamtarbeitsvertrag (GAV) gekündigt.
«Der Verlegerverband brüskiert mit seinem Vorgehen die Medienschaffenden», heisst es in der Stellungnahme der Journalistengewerkschaften weiter. Sie hatten am Aktionstag vom Mittwoch ihr Verhandlungsangebot formell wiederholt. «Namhafte Exponenten werten die Verlegerposition nun als Einladung zur Eskalation.» Die Mindeststandards brächten laut Comedia/Impressum «Verschlechterungen in mehreren Kernbereichen: insbesondere sollen dadurch die Kündigungsfristen und die Ansprüche im Fall von Krankheit reduziert werden; ebenso werden jegliche Mindestlöhne und Mindesthonorare weggefegt».
Die redaktionelle Unabhängigkeit und die journalistische Freiheit bleiben gemäss den Mindeststandards gewahrt. Festangestellte Redaktionsmitarbeitende haben Anspruch auf bezahlte Ferien von jährlich mindestens fünf Wochen. Ab dem vollendeten 49. Altersjahr beträgt der Ferienanspruch sechs Wochen. Ferner setzen sich die Verleger für einen hohen Qualitätsstandard im Journalismus ein. Für die Aus- und Weiterbildung der redaktionellen Mitarbeitenden wollen die Medienunternehmen die dafür notwendigen Mittel bereitstellen. Kommt es zu Entlassungen aus wirtschaftlichen Gründen, sollen diese sozial abgefedert werden.
Donnerstag
15.09.2005