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Samstag
17.09.2005

Der Begriff ist nicht neu, höchstens die Definition: «Die Macht ist von Demos zu den Medien und heute zu Orakeln übergegangen. Regierung und Bürokratien brauchen die Orakel (Spin Doktoren, Pressesprecher, PR-Agenturen, Meinungsforscher, Verfasser von Studien und Expertisen), um sich zu festigen», meinte der Jungverleger Tito Tettamanti (Jean Frey Verlag) und wies sich als gefestigter Soziologe aus, der wohl als einer der wenigen erkannt hat, was die Welt im Innersten zusammenhält: «Die Parteiendemokratie wird zur Mediendemokratie und die Regeln der Mediendarstellungen bestimmen die Politikdarstellung», verkündete der Financier am Freitag vor seinen zum Teil in Ehren ergrauten, mindestens aber ebenso tüchtig schaffenden Verleger-Kollegen.

Mit seinen bei Thomas Meyer und Andreas Dörner ausgeliehenen Kernsätzen warnte er vor der Kolonialisierung der Politik durch die Medien und fand höchst selten ein Beispiel aus einheimischem Wuchs, denn, ach ja: «Wir sind immer ein Sonderfall!», bemerkte der in London agierende Financier und stellte am Beispiel von Berichten einer Studie des Nationalfonds über Kinderkrippen fest, dass die meisten Tageszeitungen «beliebig austauschbare» Formulierungen und Argumentationen verwendet hätten. Oder ein Beispiel vom amerikanischen TV-Sender CBS, bei dem Afroamerikaner explizit in einem Bericht nicht gezeigt wurden. Es war für die Kongressgäste relativ schwer, in der Kürze nachzuvollziehen, wer hier was wann und mit wem wieso nicht gemacht hatte. Tettamanti witterte darin aber political incorrectness.

Kopfschütteln hüben und drüben im Saal, auch als Tettamanti seine Vorrednerin als «emma-süchtig» titulierte, da Alice Schwarzer ordentlich Werbung für ihre eigene Publikation gemacht hatte. Er müsse halt die «Weltwoche» auch einmal nennen, es gehe nicht anders, meinte er süffisant.