Nicht die Versuche der Werber, mit verkappter Werbung in den redaktionellen Teil der Medien zu kommen, sei heute das grösste Problem, sondern eine gefährliche Nähe vieler Journalisten zur Politik und ihren Exponenten, sagte am Freitagmorgen an einer Podiumsdiskussion am Verleger-Kongress in Interlaken «Le Matin»-Chefredaktor Peter Rothenbühler. Unter der Leitung von Norbert Neininger, Unternehmensleiter Meier + Cie., Schaffhausen, diskutierten der zweisprachige Chefredaktor sowie Dominique von Matt (Jung von Matt/Limmat) und Res Strehle, Chefredaktor «Das Magazin», die Frage, ob Brandmauern fallen und Inhalte käuflich seien.
Die Leserinnen und Leser seien gelangweilt, wenn ihnen beispielsweise die «Neue Zürcher Zeitung» pausenlos einzuhämmern versuche, in Deutschland komme alles Elend von Bundeskanzler Schröder und unter der CDU-Kandidatin Merkel werde das Paradies ausbrechen, nannte Rothenbühler ein Beispiel für die Kungelei zwischen Politik und Medien. Dagegen müsse man sich wehren, stimmte auch «Magazin»-Chef Res Strehle zu, der als Beispiel einen massiven Eingriffsversuch eines Bundesrats in ein Interview mit einem Chefbeamten aufführte.
Hingegen waren sich die beiden Chefredaktoren einig, dass die Einflussversuche der Werbung heute weniger problematisch seien. «Dafür haben wir Regeln, die gut funktionieren», betonte Rothenbühler, «und im Übrigen gibt es nicht mehr so viele Geschenke wie vor 20 Jahren». Werber Dominique von Matt (Jung von Matt/Limmat) bekannte, dass er versuche, den Redaktionen Themen anzubieten, in denen seine Kunden gut wegkommen, anerkenne aber den Entscheid der Redaktion als endgültig. «Ich versuche, interessante Geschichten anzubieten, sodass die Medien diese gerne nehmen», sagte er, und Rothenbühler zeigte sich durchaus offen dafür. «Die Themenwahl durch die Redaktion ist ein Teil der Glaubwürdigkeit der Medien und darf nicht kommerziell bestimmt sein», formulierte Strehle diesen Grundsatz, der auf dem Podium unbestritten blieb.
Samstag
17.09.2005