Die Schweizer Medien fahren nach Meinung von Denner-CEO Philippe Gaydoul derzeit eine «150-Millionen-Werbekampagne» gratis und franko für die deutschen Hartdiscounter, wenn sie über den bevorstehenden Markteintritt von Aldi oder Lidl berichten. Erstaunt zeigte sich Gaydoul am Verleger-Kongress am Freitag über den «vorauseilenden Gehorsam» der hiesigen Medien, die sich des Themas Discount und Preis annähmen. «Und wer auf späteres Wohlwollen in Form von grossflächig eingekauftem Werberaum spekuliert, dürfte sich wohl zünftig verhauen», ergänzte der Enkel von Denner-Gründer Karl Schweri, «haben doch die deutschen Hartdiscounter mit gekaufter Medienwerbung ziemlich wenig am Hut».
Gaydoul räumte zwar ein, dass die Preisdiskussion von breitem öffentlichen Interesse sei, sehr oft aber würde sie in «unzulässigem Masse» vereinfacht und dabei Äpfel mit Birnen verglichen. «Dabei wird dem überforderten Konsumenten in fahrlässiger Weise suggeriert, dass wir hier zu Lande bald im Tiefpreisparadies deutschen Zuschnitts shoppen können. Dies ist höherer Blödsinn oder direkter: Kundenverarschung hoch drei», sagte der Denner-CEO wörtlich, der sich ein wenig überrascht über die Einladung zum Kongress zeigte, weil sein Opa «mit seinem unabhängigen Geist» als harter Geschäfts- und Gesprächspartner galt, der auch mal eine Publikation von der Medialiste strich und so de facto einen Inseratestopp verhängte, wenn er sich in der Berichterstattung über seine wirtschaftspolitischen Initiativen ungerecht behandelt fühlte.
Denner-Chef Gaydoul zeigte zwar Verständnis für Journalisten, die unter Zeitdruck arbeiten müssen, warb aber auch für Fairness im Umgang mit dem Discount-Thema: «Immer wird Deutschland als Benchmark oder Referenzmarkt bemüht. Zugegeben, dort ists am günstigsten.» Nicht selten aber werde das Bild bei Preisgegenüberstellungen zusätzlich verzerrt durch die falsche Anwendung von Mehrwertsteuersätzen. Und produktverteuernde Zollabgaben, für die der Händler nun weissgott nichts könne, würden grosszügig in die Schweizer Vergleichspreise eingebaut.
Gaydoul ist überzeugt, dass auch die Medien «im Überschwang der aktuellen Preishysterie wieder auf den Boden der Realität zurückkommen». Vom damit verbundenen Werben des Handels um Aufmerksamkeit und Gunst der Konsumenten würden auch die Medien in hohem Masse profitieren. Laut dem Denner-Chef «dürfte hochgerechnet allein der Schweizer Handel im Jahr 2005 ca. 1,2 Mrd. Franken für Werbung ausgeben». Der Grossteil entfalle dabei nach wie vor auf Printmedien. Ausserdem gab Gaydoul bekannt, dass Denner im Durchschnitt der letzten Jahre seine Werbeetats um rund 25% aufgestockt habe. «Gemäss unseren Umfragen kennen mittlerweile 70% aller Konsumenten die Werbung von Denner, während es zwei Jahre zuvor noch nicht einmal 50% waren», sagte der CEO, der auch noch ein Bekenntnis zum «lauten, ehrlichen und direkten» Discount-Business ablegte: «Deswegen fühle ich mich so wohl in diesem Geschäft, denn ich ticke genau nach dem gleichen Muster.»
Samstag
17.09.2005