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Montag
14.11.2005

Wegen eines Interviews sollen eine Journalistin und ein Kurdenpolitiker in der Türkei für jeweils bis zu fünf Jahre ins Gefängnis. Ein Staatsanwalt in Istanbul habe ein Verfahren gegen die für ihre Interviews bekannte Journalistin Nese Düzel und den früheren Parlamentsabgeordneten Orhan Dogan eröffnet, berichtete die Zeitung «Zaman» am Montag. In einem im August in der liberalen Tageszeitung «Radikal» veröffentlichten Interview hatte Düzel mit Dogan über die jüngsten Gewalttaten der kurdischen Rebellengruppe PKK gesprochen. Orhan hatte dabei unter anderem gesagt, die PKK habe 3000 Kämpfer unter Waffen. Zudem kritisierte er die Kurdenpolitik der Regierung. Laut «Zaman» wertete die Staatsanwaltschaft dies als Propaganda für die verbotene PKK (Arbeiterpartei Kurdistans).

Im Rahmen ihrer EU-Bewerbung hatte die Türkei in den vergangenen Jahren zwar die Meinungsfreiheit erweitert. Dennoch gibt es immer wieder Strafverfahren wegen so genannter Meinungsdelikte. Im Dezember muss sich der Schriftsteller Orhan Pamuk («Schnee») wegen umstrittener Äusserungen über die türkischen Massaker an den Armeniern im Ersten Weltkrieg vor einem Istanbuler Gericht verantworten. Dem Autor drohen drei Jahre Haft wegen «Verunglimpfung des Türkentums». In ihrem jüngsten Fortschrittsbericht über die Türkei hatte die EU-Kommission in der vergangenen Woche unter anderem das Verfahren gegen Pamuk kritisiert und eine Stärkung der Meinungsfreiheit verlangt.