Zwei Monate vor den US-Präsidentschaftswahlen nimmt ein konservatives Wirtschaftsinstitut die US-Printmedien unter die Lupe und gelangt zu einem ernüchternden Befund: Wirtschaftsmeldungen sind unter Clintons Präsidentschaft öfter mal schöngeschrieben worden, derweil Vater und Sohn Bush schlecht wegkommen. Kevin A. Hassett und John R. Lott Jr., Ökonomen beim American Enterprise Institute, haben 389 Zeitungen und Meldungen der Nachrichtenagentur Associated Press (AP) von Januar 1991 bis Mai 2004 untersucht.
Sie stützten sich bei ihrer Untersuchung vor allem auf die Titel zu Themen wie Bruttoinlandprodukt, Arbeitslosigkeit oder Detailhandelsverkäufe. Hassett und Lott kamen zum Schluss, dass - bei gleichen Themen - die beiden republikanischen Präsidenten im Schnitt 20 bis 30% weniger gute Schlagzeilen bekamen. So wiesen sie gemäss einem Bericht der «New York Times» vom Sonntag nach, dass die Arbeitslosenrate während der Clinton-Administration mit 5,2% lediglich 0,3 Prozentpunkte besser war als unter George W. Bush, doch bekam Clinton in 44% der Beiträge zum Thema positive Schlagzeilen, derweil es Bush auf 23% brachte.
Schlimmer noch: AP und die 10 grössten Zeitungen gaben den republikanischen Präsidenten zwischen 20 bis 40% schlechtere Headlines als Clinton. Unter den 10 grössten Zeitungen - mit Ausnahme des «The Houston Chronicle» - hätten die meisten eine pro-demokratische Einstellung demonstriert.
Auch wenn das Rechercheinstitut klar ein konservatives Profil besitzt, bekam es Zuspruch von Christopher D. Carroll, der unter Clinton als Wirtschaftsberater tätig war und heute an der John-Hopkins-Universität lehrt. Er nannte die Untersuchung «den ersten statistischen Versuch, dieses Thema seriös zu behandeln». Jack Shafer, Medienkritiker der Webzeitung «Slate», zeigte sich indessen der Untersuchung gegenüber skeptisch, weil sie lediglich die Titel der Meldungen untersuchte, nicht aber deren Inhalt. «A headline is not coverage», wird er in der «New York Times» zitiert.
Sonntag
12.09.2004