Die Zukunft gehört den Digital Natives. «Die nächste Generation weiss, was auf uns zukommen wird», sagte Medienökologe Jack Myers am Mittwoch an der Goldbach Medienarena im Kaufleuten in Zürich. «Die Jungen - mit Jahrgang 1990 oder jünger - denken anders.» Einen Teil der Probleme, die mit der digitalen Veränderung auf uns zukommen, könne man mit der Personalpolitik lösen, ist er überzeugt. Er fordert die Branche deshalb auf, Leute unter 24 Jahren einzustellen, die mit dem Internet und Smartphones aufgewachsen sind.
Die nächsten Entwicklungen in der Branche sind bereits vorgegeben. Myers sprach von einem Smartphone, das in fünf Jahren in einer Kontaktlinse Platz findet, oder von Übersetzungsprogrammen, die bei Telefonanrufen zwischengeschaltet werden können und Konversationen simultan übersetzen. «Die Geschwindigkeit der Entwicklungen wird unser Verständnis überschreiten», so Myers.
«Die Generation der 20- bis 24-Jährigen versteht den technischen Wandel», sagte Myers. Und dieser habe die Jungen aber auch geprägt. Junge seien flexibler und würden keine Grenzen mehr sehen - und damit nehme auch die Loyalität gegenüber Marken oder dem Job ab. Um sie dennoch bei der Stange zu halten, sei mehr Interaktion gefordert.
Einen Ansatz präsentierte Computerlinguist Alexander Ilic, Gründer der Dacuda AG. Er wagte einen Blick in die Zukunft und skizzierte, wie in Zukunft mit der Digitalisierung etwa die Vorteile des Tante-Emma-Ladens in gewissen Bereichen wiedererweckt werden könnten. Beispielsweise soll sich der Kunde auf seinem Smartphone im Geschäft, das er gerade real betreten hat, auch virtuell einloggen und gleich auch bezahlen können, womit mehr Zeit für Gespräche an der Kasse bleiben.
Und auch der direkte Kontakt mit dem Kunden könnte über das Smartphone gepflegt werden. Indem dieser eine Belohnung erhält, wenn er einer Marke treu ist, oder in dem man spielerisch Kontakte zu den Leuten knüpft, um sie auch ausserhalb des Geschäfts zu erreichen. Ausserdem tauge die Vernetzung über Smartphone auch zur Werbung, indem etwa die gekauften Produkte auch bewertet und Bewertungen mit Freunden geteilt werden könnten.
Skeptisch gegenüber dieser Idee äusserte sich der Philosoph und Publizist Richard David Precht. «Dagegen spricht die begrenzte Zeit an Aufmerksamkeit», sagte er. Die Leute hätten schlicht keine Zeit, sich darum zu kümmern. Precht kritisierte in seinem Referat die reine Fixierung auf das Kosten-Nutzen-Prinzip. Wer alles nach Effizienzgesichtspunkten ausrichtet, so sein Fazit, wird irre an der Gesellschaft oder die Gesellschaft an ihm. Persönliche Anerkennung oder Wertschätzung seien mindestens so wichtig wie Geld.
Nicht geheuer waren die Ausführungen von Myers und Ilic dem ältesten Redner, Ex-Fussballprofi Paul Breitner, Markenbotschafter des FC Bayern. «Ich krieg einen Vogel, wenn ich höre, wie Jack Myers sagt, dass Telefongespräche in Zukunft automatisch übersetzt werden oder dass man Teile des Gehirns ins Smartphone auslagert », sagte er. «Damit sind wir auf dem besten Weg, dass die Menschheit noch blöder wird, als dass sie eh schon geworden ist.»
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