Reporter ohne Grenzen blickt mit Sorge nach Russland, wo unabhängige Journalisten vor der Präsidentschaftswahl am Sonntag, 4. März, stark unter Druck stehen würden. Zahlreiche Übergriffe zeigten gemäss der Menschenrechtsorganisation in den vergangenen Wochen die Nervosität der Staatsspitze um Ministerpräsident Wladimir Putin.
So geriet die oppositionelle Zeitung «Nowaja Gaseta» in Finanznot, als staatliche Behörden am 21. Februar die Konten von Miteigentümer Alexander Lebedjew einfroren. Wenige Tage zuvor war bekannt geworden, dass der Chefredaktor von Radio Echo Moskwy, Alexej Wenediktow, seinen Posten im Aufsichtsrat des Senders verliert. Echo Moskwy gehört zu zwei Dritteln der staatlich kontrollierten Holding Gasprom-Media, die sich mit der für Ende März geplanten Umbesetzung eine Mehrheit im Aufsichtsrat verschafft. «Kritische Stimmen sollen so langfristig zum Schweigen gebracht werden», erklärte am Donnerstag Astrid Frohloff im Namen von Reporter ohne Grenzen.
Als nach den umstrittenen Parlamentswahlen am 4. Dezember 2011 Zehntausende Menschen gegen Wladimir Putin demonstrierten, hatten viele auf eine neue Offenheit in den Medien gehofft. Selbst die staatlich kontrollierten Fernsehsender NTW und Perwyj Kanal berichteten über die Proteste und luden Oppositionspolitiker ins Studio, Kreml-treue Zeitungen veröffentlichten kritische Karikaturen. Doch dies blieben gemäss Reporter ohne Grenzen bloss vereinzelte Fälle.
Wer sich zu weit vorwage, riskiere nach wie vor viel, weshalb kritische Berichterstattung und offene Diskussionen vor allem im Internet stattfänden. Doch auch online sind die Behörden aktiv: Koordinierte Onlineangriffe legten während der Parlamentswahl im Dezember kritische Internetseiten lahm, darunter die unabhängige Nachrichtenseite gazeta.ru sowie die Seiten von Radio Echo Moskwy und der Tageszeitung «Kommersant», während auch das soziale Netzwerk Live-Journal mehrere Tage lang nicht zugänglich war.