Eine klare Trennung von Politik und Kommunikation könne es heute nicht mehr geben. Kommunikation sei ein integraler Bestandteil der Politik. Doch: «Medienlogik ist nicht Politiklogik.» Dies sagte Professor Ulrich Sarcinelli, Spezialist für politische Kommunikation, in einem Vortrag anlässlich einer Tagung am Wochenende zur politischen Kommunikation der intermediären Akteure in Zürich. Roger Blum war vor Ort und berichtet für den Klein Report.
Ulrich Sarcinelli, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Koblenz-Landau im deutschen Bundesland Rheinland-Pfalz, beleuchtete in Zürich die Rolle und den Wandel der intermediären Akteure (wie Parteien, Verbände, Kirchen). Sie seien «demokratiekonstitutiv», denn sie organisierten den Dialog zwischen dem Volk und den Behörden. Sie seien Transmissionsriemen. An ihnen zeige sich der gesellschaftliche Wandel. Gewerkschaften, Parteien oder Kirchen hätten an Bindekraft verloren.
Mittlerweile besässen Zentralbanken oder Verfassungsgerichte mehr Legitimität als beispielsweise Parlamente. Darum sei eine Politikvermittlung nötig mit mehr Kommunikationskompetenz und mehr Partizipation. Die Kommunikationsbedürfnisse der Bürger seien anspruchsvoller geworden. Die Bürger wollten mitreden, ohne unbedingt dazuzugehören. Sie wollten mehr direktdemokratische Beteiligung, sagte Sarcinelli.
Der Staat stosse an seine Grenzen und müsse vermehrt mit gesellschaftlichen Gruppen zusammenarbeiten. Das gehe nur mit Kommunikation. Auch das Verhältnis zwischen Politik und Medien sei brüchiger geworden. Dabei werde die Eigenlogik des Politischen unterschätzt, denn die politischen Institutionen hätten nach wie vor ein Gewicht, das sich nicht an der Medienresonanz messe. Gleichzeitig professionalisierten sich die Medien, vor allem technisch und in ihren Routinen, während man eine Deprofessionalisierung des politischen Journalismus beobachte.
Damit meinte Sarcinelli die Tendenz, dass politische Journalisten weniger über das berichten, was wirklich relevant ist, sondern darüber, was gefällt, und dass sie sich zunehmend selber mit Pfauengehabe in den Mittelpunkt stellen. Sarcinelli zog das Fazit: «Es kann keine klare Trennung mehr von Politik und Kommunikation geben. Kommunikation ist ein integraler Bestandteil der Politik.» Aber er betonte auch: «Medienlogik ist nicht Politiklogik.» Die Politik behalte ihren eigenen Rhythmus, ihr eigenes Gewicht und ihre eigenen Gesetzmässigkeiten.
Ulrich Sarcinelli sprach an der Tagung «Intermediäre Akteure im Wandel. Parteien, Verbände, Interessengruppen und soziale Bewegungen vor neuen kommunikativen Herausforderungen». Professor Otfried Jarren vom organisierenden Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich hielt fest, dass man nicht vor einem Zusammenbruch der bisherigen Verhältnisse stehe und damit in einer Krise stecke. Vielmehr gebe es einfach eine stärkere Ausdifferenzierung. Offenbar stünden künftig mehr die Prozesse und Akteure im Zentrum und weniger die Strukturen.
Zürich war diesmal Treffpunkt der Jahrestagung jener Wissenschaftler, die sich in Untergruppen der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft (DGPuK), der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft (DVPW) und der Schweizerischen Gesellschaft für Kommunikations- und Medienwissenschaft (SGKM) mit politischer Kommunikation befassen. Anwesend waren auch die Vorsitzenden der drei Untergruppen: Professor Patrick Donges (Universität Greifswald), Professor Frank Marcinkowski (Universität Münster) und Professorin Marlis Prinzing (Macromedia Hochschule Köln).