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Donnerstag
03.06.2004

Mitunter kann das Gequatsche am Bildschirm ganz schön nervtötend sein - und man fragt sich: Was habe ich mit den Albträumen und Nöten der Promis (und unzähligen Nichtpromis) eigentlich zu schaffen? Was soll der gnadenlose Exhibitionismus, der uns Zuschauern - uns Gaffern - alles über die Kindheit, die Akne in der Adoleszenz und die späteren Beischlafstörungen erklärt? - Was soll der Quarko? Auch der Tod und die Sühne, Verrat und Liebesschmerz sind willkommene Themen in der Inszenierung der Selbstentblössung - wenn es darum geht zu zeigen: Seht her, ich habe den Unwirtlichkeiten des Lebens getrotzt. Seht her: Ich bin ein Halbgott und über mir scheint immer noch die Sonne! Entsetzlich gequatscht wurde diese Woche bei Sandra Maischberger. «Liebe Sandra», meinte TV-Psychologin Brigitte Lämmle, deren Sendung diesen Sommer (endlich) eingestampft wird, «liebe Sandra, stellen sie sich vor, sie sitzen in einer Baumhütte und haben die Strickleiter hochgezogen... Wie locke ich sie da wieder runter?» Gute Frage. «Keine Ahnung», meinte Maischberger indes, die mit der Strickleiter-Tour von Lämmle herzlich wenig anfangen konnte. (Warum sollte sie sich auch eines Tages in einer Baumkrone verschanzen, wenn sie ein superschönes Studio in Berlin hat?). Und Maischberger wechselte die Aufmerksamkeit des Gesprächs abermals auf das tiefschwarze Thema «Tod». Elisabeth Volkmann («Klimbim») hiess das Gesprächsopfer in dieser nächtlichen Talkrunde, deren Ehemann im Januar nach 8-jähriger Krankheitsorgie verstorben ist (4 Bypässe, Herzinfarkt, Schlaganfall, der Lungenkrebs gab ihm den Rest). Der in Niederbayern aufgewachsene (ursprünglich aber aus Schwarzafrika stammende) Schauspieler Charles M. Huber («Derrick») würzte die Gespräche der heiteren Runde dann noch mit den Ingredienzien, die bis anhin fehlten: Rassismus, Kindsmisshandlung und späte Genesung im Sudan. Bei so viel Gequatsche gibts nur eins: Kontemplation, abschalten, fernab der menschlichen Regungen - Lebensspass bei einem guten Buch! Auch wenn die Einschaltquoten bei Maischberger derweil hochschnellen als gäbe Graf Dracula höchstpersönlich eine Kostprobe seines transsilvanischen Temperaments.