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Sonntag
26.11.2006

Eine Studie in den USA stellt einen Zusammenhang zwischen kleinkindlichem TV-Konsum und Autismus her. Ausgangspunkt für die Studie von Forschern sei die Beobachtung gewesen, dass zeitgleich mit dem Anstieg der Autismusfälle in den Achtzigerjahren auch der Fernsehkonsum bei Kleinkindern deutlich zugenommen habe, schreibt die «NZZ am Sonntag».

Vor 1980 habe es kaum Sendungen gegeben, die auf die ganz Kleinen zielten. Erst mit der Einführung von Kabelfernsehen habe sich das geändert. Zur Prüfung ihrer These analysierten die Autoren der Studie die Verbreitung von Kabelanschlüssen in zwei US-Staaten in den Achtzigerjahren. Sie sollen festgestellt haben, dass die Autismusrate in jenen Bezirken, in denen viele Haushalte über einen Kabelanschluss verfügten, stärker angestiegen sei als in Bezirken mit niedrigerer Kabelanschlussdichte. Zudem sei aus anderen Studien bekannt, dass Kinder bei schlechtem Wetter mehr Zeit vor der Flimmerkiste verbringen als bei guten Wetterbedingungen. Und siehe da: Nach der Analyse der Wetterdaten der Bezirke mit Kabelanschluss habe sich ergeben, dass dort, wo es häufig Niederschläge gab - und die Kinder vermutlich mehr Zeit vor dem Fernseher sassen -, die Autismusrate in die Höhe geschossen sei. «Wir behaupten nicht, dass wir die Ursache von Autismus entdeckt haben», schreiben die Autoren, die nicht Mediziner, sondern Ökonomen sind, «aber die Rolle des Fernsehens sollte man näher beleuchten.»

Autismus-Experten sind laut NZZaS allerdings skeptisch. «Das ist eine typische Korrelationsstudie», sagt Ronnie Gundelfinger vom Zentrum für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität Zürich. Aus einer Korrelation lasse sich keine Ursache ableiten. «Um eine so tief greifende Störung wie Autismus auszulösen, braucht es etwas viel Gravierenderes als Fernsehen», ist er überzeugt. «Ich glaube nicht, dass Fernsehen biologisch vorprogrammierte Abläufe wie Blickkontakt, Gestik oder Körperkontakt nachhaltig beeinflussen kann.»

Es sei «gut möglich», schreibt darum die NZZaS, «dass sich die neueste Autismus-Hypothese als Sturm im Wasserglas entpuppt.» Unabhängig davon habe die Amerikanische Akademie für Pädiatrie bereits im Jahre 2002 die Empfehlung herausgegeben, Kinder im Alter von weniger als zwei Jahren nicht vor den Fernseher zu setzen. In der Schweiz gebe es zwar keine offiziellen Richtlinien, wie die Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie aber auf Anfrage erklärt, «schliesst sie sich der Empfehlung der Amerikaner an».