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Mittwoch
10.06.2009

Er ist das Urgestein der Schweizer Fernseh-Sportreporter: Hans Jucker. Ab Samstag begleitet und kommentiert der 63-jährige zusammen mit Jean-Claude Leclercq wieder die Tour de Suisse fürs Schweizer Fernsehen. Klein-Report-Mitarbeiter Rolf Breiner hat ihn kurz vor dem Start interviewt.

Klein Report: Hans Jucker, die 73. Tour de Suisse startet im Fürstentum Liechtenstein und dauert bis 21. Juni. Zum wievielten Mal rollen Sie als Kommentator mit und wie viele Kilometer haben Sie im Laufe der Jahre dabei abgespult?
Hans Jucker
: «Es ist meine 44. Tour. Grob gerechnet sind es wohl 60 000 Kilometer, die ich allein bei der Tour de Suisse zurückgelegt habe.»

Klein Report: Eine lange Zeit, eine riesige Strecke. Sind Sie noch nicht velomüde?
Jucker:
«Überhaupt nicht. Aber mit 65 Jahren ist absolut Schluss. Und die werde ich am 11. Januar 2011. Im nächsten Jahr kommentiere ich meine 45. und letzte Tour de Suisse.»

Klein Report: Sie kennen sich bei den grossen Rundfahrten bestens aus. Werden Sie auch in diesem Jahr die Tour de France begleiten?
Jucker:
«Nein. Das wird mein Kollege Claude Jaggi übernehmen. Ich habe etwa 25 Mal die Grosse Schleife kommentiert.»

Klein Report: Stichwort: Sponsoren. Sehen Sie diesbezüglich finanzielle Schwierigkeiten für den Radsport?
Hans Jucker:
«Ich habe bisher erlebt, dass bei dem Ausstieg eines Sponsors ein anderer in die Bresche gesprungen ist.»

Klein Report: Wie schätzen Sie den Marketingwert, den Werbewert einer Tour de Suisse oder Tour de France ein?
Jucker:
«Der Werbewert der Radrennen ist generell sehr hoch. Das bestätigte mir auch Andy Rhys von Phonak. Er sagte mir, er hätte unglaubliche Gelder in sein Team hineinstecken müssen, wenn er den Bekanntheitsgrad von Phonak hätte anderweitig propagieren müssen. Die Präsenz der Fahrer am Bildschirm ist enorm.»

Klein Report: Die grossen Rundfahrten sind aufgrund von Dopingfällen in Verruf geraten. Wie sehen Sie die Zukunft des nationalen und internationalen Radrennsports?
Jucker:
«Ich glaube, wir sind auf dem Weg der Besserung. Es gibt Anzeichen dafür, dass die Übermenschlichkeit von gewissen Leuten passé ist, das Epo-Zeitalter ist vorbei. Die Kontrolleure kommen den Betrügern immer näher.

Klein Report: Was halten Sie von Doping-Freigabe im Spitzensport?
Jucker:
«Nichts. Schon deshalb, weil es schier unmöglich ist, die Zäsur zum Nachwuchssport zu machen. Man kann doch nicht sagen: Die Spitzenfussballer dürfen dopen, die Junioren aber nicht. Man muss kontrollieren und bestrafen. Ich glaube, man ist diesbezüglich auf einem recht guten Weg.»

Klein Report: Was halten Sie vom Comeback des ehemaligen Champion Lance Armstrong?
Jucker:
«Absolut nichts. Er wird nicht mehr an die Spitze kommen. Es wäre eine Frechheit, wenn Armstrong mit 37 Jahren noch einmal Spitze wäre, dann würde sicher etwas nicht stimmen.»

Klein Report: Vom Ski-Rennsport haben Sie Abschied genommen. Aber beim Pferdesport sind Sie immer noch am Balken und Wassergraben. Wie lange noch?
Jucker:
«In den nächsten anderthalb Jahren kommentiere ich zusammen mit Markus Fuchs auch den Pferdesport, dann ist mit 65 Jahren in allen diesen Bereichen Schluss.»

Klein Report: Können Sie dann im Jahr 2011 wirklich abschalten?
Jucker:
«Ja, das kann ich. Wenn man das 45 Jahre gemacht hat, hat man irgendwann genug. Es wiederholt sich ja auch vieles.»

Klein Report: Der Sport ist ein Riesengeschäft geworden. Wie wirkt sich die Finanz- und Wirtschaftskrise auf den Profisport aus?
Jucker:
«Ich stelle fest, dass sich diese Krise noch nicht ausgewirkt hat. Man denke nur an die jüngsten Ablösesummen im Profifussball im Zusammenhang mit Kaka. Scheinbar hat die sogenannte Krise den Spitzensport noch nicht ergriffen. Ich denke eher, dass die kleinen Veranstaltungen auf dem Land beispielsweise darunter leiden. Das wird problematischer.»

Klein Report: Wie gehts weiter nach Ihrer Pensionierung? Wird Ihnen nicht langweilig?
Jucker:
«Nein. Ich werde hier und da als Speaker tätig sein und natürlich als Treuhänder weitermachen. Ich fülle im Jahr etwa 150 Steuererklärungen aus. Ausserdem bin ich Pächter des Arche-Pubs. Mit 65 werde ich ein GA der SBB kaufen. Ich war so viel in der Welt draussen, war bis zu 200 Tage im Jahr unterwegs und habe das Gefühl, dass ich Defizite in der Schweiz habe.»