Das türkische Verfassungsgericht, welches die Zugangssperre zu Twitter in der Türkei aufgehoben hatte, rechtfertigt seinen Entscheid und weist die Kritik von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan zurück. Man habe gemäss international verbindlicher Rechtsnormen gehandelt, sagte Gerichtspräsident Hasim Kilic am Montag, bei Twitter sei es um eine Frage der Meinungsfreiheit gegangen.
Grundrechte und -freiheiten seien universelle Werte. Das Verfassungsgericht habe sein Urteil gefällt, um weiteren Schaden zu verhindern, von einem unpatriotischen Verhalten des Gerichts könne deshalb keine Rede sein. Hasim Kilic zeigte in seiner Stellungnahme jedoch auch Verständnis für «emotionale Reflexe» der Regierung.
Nachdem das Verfassungsgericht in der vergangenen Woche die Zugangssperre zu Twitter aufgehoben hatte, wurde es von Erdogan heftig kritisiert. Unter anderem meinte der Ministerpräsident, das Urteil sei gegen die nationalen Werte der Türkei gerichtet. Erdogan liess Twitter sperren, nachdem im Kurznachrichtendienst Korruptionsvorwürfe gegen den Ministerpräsidenten und sein Umfeld verbreitet worden waren.
Der Zugang zu Youtube ist in der Türkei ebenfalls nicht mehr möglich. Die Videoplattform hat sich in der Zwischenzeit ebenfalls ans türkische Verfassungsgericht gewandt, um diese Massnahme wieder rückgängig zu machen.
Auch andere Regierungssysteme versuchen immer wieder, den Zugang zum Internet im Allgemeinen und Sozialen Medien im Speziellen zu erschweren oder ganz zu blockieren. Denn in vielen Fällen werden via Twitter, Facebook & Co Informationen verbreitet, welche in den gleichgeschalteten konventionellen Medien nicht (mehr) zu lesen sind.
So ist der Iran beispielsweise daran, ein nationales, von der Regierung kontrolliertes und vom World Wide Web abgeschottetes Internet aufzubauen. Beraten wird es bei diesem Projekt vom in Sachen Internetzensur erfahrenen China, wie es im Bericht «Enemies of the Internet 2014» von Reporter ohne Grenzen heisst.
Syrien, Vietnam, Turkmenistan und Bahrain üben die staatliche Hoheit über die Internetinfrastruktur aus und versuchen so die Online-Informationen zu kontrollieren. China, Syrien und der Sudan haben den Internetverkehr in ihren Ländern verschiedentlich sogar ganz gestoppt, um die Verbreitung kritischer Informationen zu verhindern.
In Vietnam verbietet ein Gesetz seit letztem Jahr die Verbreitung von Nachrichten oder Kommentaren zum Zeitgeschehen in Blogs und sozialen Netzwerken. In Usbekistan und Saudi-Arabien unterliegen Newswebseiten einer Lizenzpflicht, so dass die dortigen Regimes von Anfang an nur regierungstreue und unkritische Online-Medien zulassen.