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Freitag
16.12.2005

Der türkische Schriftsteller Orhan Pamuk ist von Nationalisten angegriffen worden, als er am Freitagmorgen zu seinem Prozess wegen «Beleidigung des Türkentums» am Gericht in Istanbul eintraf. Eine Demonstrantin schlug dem Schriftsteller mit einer Mappe auf den Kopf. Andere Anhänger der nationalistischen Nebenkläger beschimpften Pamuk als «Verräter». Die Angreiferin wurde von der Polizei festgehalten, während Pamuk in einen sicheren Nebenraum geführt wurde.

Kurz nach Auftakt des Verfahrens wurde der Prozess auf den 7. Februar 2006 vertagt. Zur Begründung für die Aussetzung des Prozesses hiess es, Pamuk habe das ihm vorgeworfene Vergehen vor der Änderung des türkischen Strafrechts in diesem Jahr begangen. Gegen ihn müsse daher nach dem alten Recht verhandelt werden, das eine direkte Ministererlaubnis für den Prozess erfordert. Da Justizminister Cemil Cicek die Anklage bislang nicht vorliege, müsse der Prozess zunächst ausgesetzt werden.

Pamuk soll sich vor dem Amtsgericht des Istanbuler Stadtbezirkes verantworten. Die Staatsanwaltschaft will den Schriftsteller bis zu drei Jahre ins Gefängnis bringen, weil er zu Beginn des Jahres in einem Artikel im «Magazin» des «Tages Anzeigers» geschrieben hatte, in der Türkei seien 30 000 Kurden und eine Million Armenier getötet worden. Siehe auch: Der türkische Schriftsteller Orhan Pamuk kommt nicht zur Ruhe und Türkischer Autor Pamuk mit Friedenspreis des Buchhandels geehrt