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Donnerstag
07.04.2005

Die deutsche Millionärswitwe Tatjana Gsell muss sich Medienberichte über ihre Vorstrafe gefallen lassen. Das Landgericht München hob in einem Urteil eine einstweilige Verfügung auf, mit der dem Burda-Verlag die Erwähnung ihrer Vorstrafe untersagt werden sollte, wie Süddeutsche.de berichtet.

Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass die Witwe des Nürnberger Schönheitschirurgen Franz Gsell eine relative Person der Zeitgeschichte sei. Zudem habe sie sich nach ihrer Verurteilung nicht ins Privatleben zurückgezogen, sondern dränge geradezu in die Öffentlichkeit. Dennoch müsse sie nicht hinnehmen, dass über sie nur noch mit dem «Stempel der vorbestraften Frau Gsell oder Witwe» berichtet werde. Im Fall des strittigen Artikels in der Zeitschrift «Freizeit Revue» sei die Erwähnung der Vorstrafe aber Teil der journalistischen Auseinandersetzung mit dem Thema und daher zulässig. (Az. 9 0 20693/04)

Der Umgang der Medien mit Gsells Vorstrafe beschäftigt auch weiterhin die Justiz. Bereits am Mittwoch verhandelt das Münchner Landgericht, ob die gegen den Verlag Gruner+Jahr erwirkte einstweilige Verfügung wegen Gsells Bezeichnung als «frisch vorbestraft» im Magazin «Stern» rechtmässig war. Gsell war im Juli vergangenen Jahres zu einer Bewährungsstrafe von 16 Monaten verurteilt worden. Ihr wurde vorgeworfen, zusammen mit einem Komplizen einen gescheiterten Versicherungsbetrug eingefädelt zu haben, bei dem ein 100 000 Euro teurer Mercedes verschoben werden sollte. Bei einem fingierten Überfall im Januar 2003 erlitt ihr Mann Franz Gsell so starke Verletzungen, dass er wenige Wochen später an den Folgen starb.