Mit kriegerischen Worten hat Tamedia-CEO Martin Kall am Dienstagmorgen den geplanten Start der Pendlerzeitung «Express» für den Grossraum Zürich begleitet: Erst verglich er das von ihm geleitete Unternehmen mit den USA vor deren Eintritt in den Ersten Weltkrieg, und dann beteuerte er: «Es gibt keinen Weg zurück. Es können nicht zwei gewinnen; wir werden kämpfen, bis wir gewonnen haben.» Der verbale Schlachtenlärm gilt dem Kontrahenten «20 Minuten», der im Dezember 1999 gestarteten und im Lesermarkt äusserst erfolgreichen Pendlerzeitung, die mittlerweile nicht nur in Zürich, sondern auch in Bern und Basel verteilt wird. Und bereits hat der Krieg ein erstes Opfer gefordert: Der bisherige «Zürich-Express»-Verlagsleiter Heinz Krebs wurde Kall auf Fall freigestellt, wie er zum Klein Report sagte. «Ich mache jetzt Ferien», lautete die Auskunft.
Die Tamedia («Tages-Anzeiger», «SonntagsZeitung», «TeleZüri», «Radio 24», «annabelle», «Facts», «Schweizer Familie» usw.) baut ihren «Express» auf den «Zürich-Express» auf, der im September 1999 lancierten Gratiszeitung, die auf das «Tagblatt der Stadt Zürich» als amtlichen Anzeiger gefolgt war. Im kommenden Frühjahr soll das «Tagblatt» wieder zu Ehren kommen, mit amtlichen und Rubriken-Inseraten, aber ohne redaktionellen Inhalt, mindestens acht Zeitungsseiten stark. Gewissermassen als Umschlag ist der «Express» konzipiert, im Umfang von mindestens 32 Tabloidseiten, durchgehend vierfarbig. Um die Zeitung an die Pendler zu bringen, setzt die Tamedia-Mannschaft auf Boxen und Kolporteure. «Wir hätten die Verteilung in den öffentlichen Verkehrsmitteln schon gerne, aber eine Preistreiberei für diese Plätze macht keinen Sinn», sagte dazu Tamedia-Manager Jürg Brauchli. «20 Minuten» ist an den S-Bahn-Stationen erhältlich und liegt zudem gestützt auf einen Exklusivvertrag in den Trams und Bussen der Stadt Zürich auf.
Es ist klar, dass die Tamedia damit voll auf «20 Minuten» zielt und auch die geballte Kraft der gesammelten Medien einsetzen will. Doch «20-Minuten»-Geschäftsleiter Rolf Bollmann gibt sich gelassen: «Wir sehen uns in einer starken Position» sagte er am Dienstag zum Klein Report, «aber wir werden das erarbeitete Feld nicht kampflos aufgeben.» Erst wolle er sehen, wie die neue Konkurrenz auftrumpfe, um dann zu reagieren. «Ich habe schon noch einige Pfeile im Köcher, die ich aktivieren kann, wenn es nötig ist», kündete er an.
Über die personelle Situation beim «Express» war am Dienstag gegenüber dem Communiqué vom Vortag nichts Neues zu erfahren: 20 neue Stellen will die Tamedia für das neue Produkt schaffen und die Redaktion damit auf knapp 50 Personen aufstocken. Verschiedene Anwärter für den Job des Chefredaktors sind laut Tamedia-Sprecher Peter Hartmeier «in der Pipeline».Der heutige «Zürich-Express»-Chefredaktor Markus Hegglin steht «in Verhandlungen», sagte er zum Klein Report und hofft, bis Ende dieser Woche zu wissen,wie seine Zukunft aussieht. - Mehr dazu: Tamedia lanciert neue Pendlerzeitung im Raum Zürich, Tamedia sucht den Anschluss an den «20-Minuten»-Erfolg und MACH Basic 2002: Der Gewinner heisst «20 Minuten»
Dienstag
19.11.2002