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Freitag
02.11.2007

Die Umstrukturierung des Medienunternehmens Tamedia ist eine logische Fortsetzung der bisherigen Strategie. Sie zeigt aber exemplarisch die totale Absenz der Publizistik auf höchster Ebene: dem Herz eines Medienunternehmens, das aber erst der Grund für die Existenz eines solchen Gebildes ist. Die Schaffung der beiden Bereiche Medien Schweiz und Medien Zürich & Nordostschweiz zeigt einerseits den Willen (oder Wunsch) zur nationalen Präsenz und andererseits die Absicht, auf dem wichtigsten Schweizer Medienplatz, dem Standort Zürich, mehr Schub zu geben und diesen Richtung Nordosten noch zu vergrössern.

Die Fokussierung auf geografische Märkte ist auf dem Reissbrett zwar stringent, treibt aber lustige Blüten, wenn das neue Online-Newsnetzwerk, TeleZüri und Radio 24 bei Medien Zürich & Nordostschweiz angesiedelt sind, unter der Leitung von Printmann Rolf Bollmann (59). Der «Medienverbund 20 Minuten» ist aber wiederum beim sogenannten Kall-Boy, Christoph Tonini (37), angesiedelt, der auch stellvertretender Vorsitzender der Unternehmensleitung ist. Tonini leitete bisher die beiden Bereiche Finanzen und Services sowie Zeitungen Schweiz. Der Finanzer kommt ursprünglich aus dem Druckbereich.

Für den Machterhalt oder die Ausweitung wird halt das Organigramm, möglicherweise zu Ungunsten des Unternehmens, wie auf einem Basar (noch mehrmals) geändert. Unten (geografisch gesprochen), beim Herz, kommt das bei den Mitarbeitenden aber nicht so gut an, da sie sich in diesem Medienunternehmen je länger je mehr als Spielball, als Manipuliermasse, erkennen.

Dass der Zürcher Tamedia-Konzern als gut «aufgestellt» von aussen wahrgenommen wird, hat nur damit zu tun, dass die «Andern» ihre (Internet-)Hausaufgaben noch nicht gemacht und jahrelang gepennt, aber gut verdient haben.

Die überdurchschnittliche Fokussierung aufs Geldverdienen reicht bei diesem mittelgrossen Medienunternehmen mindestens drei Generationen zurück. Auch heute müssen erst ein paar Dutzend Coninx-Mäuler der weit verzweigten Verlegerahnen gefüttert werden, bevor CEO Martin Kall seine Zahlen ausweisen kann. Kall selber macht seinen Job hevorragend, obwohl ihm das «verlegerische Gen» fehlt, wie der Klein Report feststellen muss. Aber dafür hat man ihn ja auch nicht angestellt. Ohne Häme kann einem der Finanzmann punktuell Leid tun, denn ohne geistreiche Verlegerin, Verleger kann der Mann gar nicht zur Höchstform auflaufen - er bleibt im Kohleverdienen hängen, und das kann er in jedem Unternehmen.