Als «hochriskant» bezeichnete der Publizist Karl Lüönd das Zusammengehen von Tamedia und Edipresse wegen des Sprungs über die Sprachgrenze hinweg. Diese Aussage hat darum einen hohen Stellenwert, weil Lüönd der Autor des Buches «Verleger sein» mit und über Tamedia-Verwaltungsratspräsident Pietro Supino ist. Doch Supino selbst sprach am Dienstag auf eine Frage des Klein Reports von «Herausforderung», «Chance» und «Faszination», die die neueste Tamedia-Akquisition über den «Röstigraben» hinweg biete. Man werde an dieser zweisprachigen Thematik arbeiten und sei auch darauf gefasst, dass dies zu Veränderungen führen werde.
Vorläufig war aber von Veränderungen noch nichts zu spüren. Tamedia-CEO Martin Kall präsentierte viele Zahlen und Synergiepotential und versuchte nachvollziehbar zu machen, weshalb das grössere Unternehmen mit 1,25 Milliarden Franken Umsatz nötig sei, um den Anforderungen der Zukunft gewachsen zu sein. Der Fernsehmarkt sei an den privaten Medienfirmen in der Schweiz weitgehend vorbeigegangen, und im Internet drohe mit Google, eBay und Facebook dasselbe. Kall lamentierte (zu Recht) über den verlorenen TV-Markt mit einem Brutto-Volumen von etwa 800 Millionen Franken. Mittlerweile habe die SRG nur noch einen Anteil von 44 Prozent am Kuchen, 48 Prozent des Geldes entfallen auf die ausländischen Anbieter, die, so Kall, ja gar keine publizistische Leistungen erbrächten. Knapp 8 Prozent entfallen auf kleine lokale inländische Anbieter.
Der Klein Report erinnert daran, dass die Medienpolitik im elektronischen Bereich in der Schweiz vom Medienminister so durchgedrückt worden ist. Dass derselbe Minister die Tamedia am Dienstag ihre publizistische Verantwortung anmahnt, erscheint kurios. Ist es doch gerade die SRG, die voller Sorge wegen der internationalen Konkurrenz und den Angeboten im Internet auf allen Kanälen Werbung für jeden Text auf einem iPod und jedes Update im Internet gnadenlos Werbung macht. Nicht ergänzende Informationen oder Serviceleistungen werden erwähnt, sondern reine Werbebotschaften müssen die Journalisten transportieren.
Martin Kall hingegen ist froh, wenn er nun mit zwölf Tageszeitungen vom «Tages-Anzeiger» bis zu «Le Matin» und «24 heures» auf eine Gesamtauflage von 700 000 Exemplaren kommt und das im nationalen Werbemarkt gut verkaufen kann.
Grosses im Sinn hat die Tamedia vor allem im Internet. Allein die Tamedia gebe pro Jahr 40 Millionen Franken für IT-Dienste aus, erklärte Kall. Hier könne durch das Zusammengehen logischerweise gespart werden. Im Netz wolle man ausbauen und neue Arbeitsplätze schaffen. Mit dieser Übernahme hat sich der grosse regionale Verlag nun auf die nationale Ebene gehoben. Hier sieht Kall in den Werbemärkten grösseres Potential, wenn statt nur Zürich noch Genf und Lausanne dazukommen. Mit der Espace Media deckt die Tamedia Bern und das Mittelland ab.
Dienstag
03.03.2009