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Montag
27.02.2012

Vier Monate «TagesWoche» - Zeit für ein erstes Fazit. Wie läuft es beim Medienprojekt, das angetreten ist mit dem Anspruch, die Medienvielfalt in Basel zu retten und die Vorteile von Online und Print unter einen Hut zu bringen?

«Wir sind mit der Entwicklung sehr zufrieden. Die Auflagen- und Abo-Entwicklung liegt über unseren Erwartungen. Inhaltlich konnten wir einige gute Marksteine setzen, die in der Region positiv zu reden gaben», so Remo Leupin, Co-Chefredaktor des Wochenblatts und der Online-Ausgabe, gegenüber dem Klein Report.

Online hin, Print her: Die journalistische Qualität bleibt die Leitwährung. Und hier scheiden sich bei der «TagesWoche» die Geister: Während die einen die differenzierte Berichterstattung als Gegenpol zum zunehmenden Rechtspopulismus in der «Basler Zeitung» (kürzlich wurde ein Kommentar mit «Schluss mit der Toleranz» betitelt) loben, schnöden die anderen über die teilweise etwas biedere Berichterstattung, welche der «TagesWoche» auch schon die wenig schmeichelhafte Bezeichnung «Studentenblatt» eingetragen hat.

Remo Leupin gehört naturgemäss zur ersten Fraktion: «Uns freut das sehr positive Echo der Leserinnen und Leser. Gelobt werden wir vor allem für unsere differenzierte Haltung bei der journalistischen Arbeit, die Hintergrundberichterstattung im Print und den hohen Anteil an Analysen in unserem Blatt.»

Auch in Sachen Konvergenz zwischen Print und Online zeigt sich Leupin zufrieden: «Gute Erfahrungen machen wir mit der `Wochendebatte`, die wir jeweils im Print starten und online weiterziehen. Bei einigen Storys hat die Verzahnung von Print und Online perfekt geklappt, bei anderen hätten wir noch mehr herausholen können», meint Leupin. «Aber man darf nicht vergessen, wir sind mit 17 journalistisch Tätigen ein sehr kleines Redaktionsteam. Noch dazulernen müssen wir sicher bei der Multimedialisierung unserer Inhalte und bei der Anwendung neuer Formen wie Datenjournalismus.»

Nach Jahren des faktischen Monopols der «Basler Zeitung» (BaZ) kam 2011 - ausgelöst durch Querelen bei ebendiesem Blatt - heftige Bewegung in den Basler Zeitungsmarkt. Neben der «TagesWoche» wurden eine Sonntagsausgabe der BaZ, eine Basler Ausgabe des «Sonntag» sowie zuletzt «bz Basel» lanciert. Leupin sieht den Verdrängungskampf vor allem zwischen den traditionellen Zeitungen BaZ und bz toben. «Die `TagesWoche` ist mit einem völlig neuen Format auf den Markt gekommen: mit einer Wochenzeitung, verbunden mit täglicher Online-Berichterstattung. Das kommt bei den Lesern in der Nordwestschweiz offensichtlich sehr gut an und stimmt uns positiv.»

Den Vorwurf, dass die durch die Stiftung für Medienvielfalt und die Roche-Erbin Beatrice Oeri getragene «TagesWoche» sich nicht gänzlich dem freien Markt aussetzen muss wie die Mitbewerber, lässt Leupin nicht gelten. «Wir sind dem freien Markt genauso stark ausgesetzt wie die traditionellen Medien. Wir haben einen knallharten Businessplan, den zu erfüllen wir gegenüber unserem Verwaltungsrat verpflichtet sind. Und wir wollen in vier Jahren selbsttragend sein.»

Wie sehen denn die aktuellen Zahlen aus? «Online erreichen wir über 100 000 Unique Clients, die unsere Website pro Monat über 300 000 Mal besuchen und dabei rund eine Million Seiten aufrufen», so Leupin. Mitglieder der Community, also registrierte Online-Leser, hat die «TagesWoche» laut Leupin aktuell rund 4700. «Unsere verkaufte Printauflage beträgt derzeit rund 13 000 Exemplare - davon werden mehrere Tausend Exemplare am Kiosk verkauft.»

Bei den Inserateeinnahmen nennt Leupin keine konkreten Zahlen: «Der Inserateverkauf ist im vergangenen Jahr gut angelaufen - aber natürlich spürten auch wir das Januarloch.» Doch auch im Februar scheint der Anzeigenumsatz noch nicht wirklich zu florieren. In der aktuellen Ausgabe zählt der Beobachter auf 56 Seiten ganze zweieinhalb Seiten Inserate plus etwas Kleingemüse. Und auch die ganzseitige Eigenwerbung der Inserate-Abteilung deutet nicht gerade auf grosse Umsätze hin.

Nun folgt die Basler Fasnacht, deren lokalmediale Bedeutung eigentlich gar nicht hoch genug einzuschätzen ist. Gewiss wird die BaZ wieder mit Sonderausgaben klotzen. Was plant die «TagesWoche», die alles ein klein wenig anders machen will? «Die Titelgeschichte unserer aktuellen Ausgabe beschäftigt sich mit der Fasnacht - allerdings in einer anderen Form, als man es sonst in Basler Medien gewohnt ist: Ein Urfasnächtler nimmt die Fasnacht liebevoll-bissig auf die Schippe und erklärt uns, warum die Baslerinnen und Basler in Sachen Fasnacht zur Selbstquälerei neigen.»

Online werde man täglich über die Fasnacht berichten, so Leupin weiter, unter anderem in einem Fasnachts-Blog. «Und wir bringen Schnitzelbank-Videos online, aber auch diese in einer eher innovativen Form.»