In einer Auflage von 17 000 Exemplaren ist am Montag die erste Regionalausgabe als Beilage zum Zürcher «Tages-Anzeiger» am linken Zürichseeufer und im Sihltal erschienen. Mit diesem Angebot greift die Tamedia als Tagi-Herausgeberin die «Zürichsee-Zeitung» (ZSZ) frontal an - mit der erklärten Absicht, dieses Blatt (wieder) auf das rechte Seeufer zurückzudrängen, das bis zu Beginn der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts dessen Stammland gewesen war. Die Lancierung erfolge ohne Zielvorgaben betreffend Umsatz oder Auflage, unterstrich Tagi-Chefredaktor Peter Hartmeier am Montag an einer Medienorientierung aus diesem Anlass. Wichtig sei aber, Leser und Auflage zu gewinnen. Wenn sich das Konzept bewähre, sollen rasch weitere Regionalausgaben folgen, wobei er die Zahl 6 nannte.
Die Vorbereitung dieser Regionalausgabe - Daniel Bach als Teamleiter der 15-köpfigen Redaktion wehrt sich heftig gegen den Ausdruck «Beilage» - habe viel «neuen Drive im Haus» ausgelöst und komme einem eigentlichen «Neuaufbruch» gleich, sagte Hartmeier. Solch grossen Worten versuchte die «Kleine Hauspost» des «Tages-Anzeigers» noch zu steigern: Die Lancierung der Tabloid-Beilage sei ein «historischer Tag in der Geschichte des Kantons Zürich», weil gleichzeitig eine neue Verfassung das 136 Jahre alte Grundgesetz ablöse und der Tagi nach 112 Jahren erstmals eine Regionalausgabe starte.
Das derart höchstgelobte Blatt kommt allerdings vergleichsweise bescheiden mit 20 Seiten Gesamtumfang daher, auf denen neben 6 Seiten Inseraten weit gehend die gleichen Themen abgehandelt werden, die auch das Konkurrenzblatt bringt. Ein wirklicher Auftakt-Knaller fehlt. Es zeigt sich, dass beide Redaktionen bescheiden mit Wasser kochten: Einziger wirklicher Primeur in der Tagi-Regionalausgabe ist der Pächterwechsel in einem Restaurant (nota bene von der ehemaligen «Annabelle»- und «Tagblatt»-Chefredaktorin Gina Gysin), wogegen die ZSZ als Erste die Grundsteinlegung für ein Garderobegebäude eines lokalen Fussballklubs zu vermelden vermag... Attraktiv hingegen sind die 2 Seiten Agenda im Tagi-Supplement. Und wenn die Regionalredaktion den Vorteil des späten Redaktionsschlusses (Andruck ist erst um 3.15 Uhr) richtig nutzt, wird sie die bisher eher gemächliche ZSZ-Redaktion noch ganz gehörig zum Arbeiten zwingen können.
Überaus wichtig für die Tamedia-Verlagsmanager ist die eine Seite mit amtlichen Anzeigen von vorerst 3 Gemeinden: Zwar druckt der Tagi diese Anzeigen gratis, aber mit diesem Angebot erhoffen sich die Strategen, die Konkurrenz ZSZ überflüssig machen zu können. Andere amtliche Anzeigen sollen folgen, kündete Daniela Decurtins an, die in der Tagi-Chefredaktion für die Region Zürich zuständig ist. Eine Absage hat der Tagi lediglich von der Gemeinde Thalwil erhalten, die treu zur ZSZ steht. Heikel ist auch die Inserate-Akquisition für das dreiköpfige Inserate-Team der Regionalausgabe: Die ZSZ ist nicht nur mit der «Neuen Zürcher Zeitung», sondern auch mit der Publicitas verbandelt, die demnach nicht neutrale Inserate-Vermittlerin sein kann. Ein Inserate-Kombi mit der «Südostschweiz» soll dieses Handicap wettmachen, wird aber im regionalen Markt kaum matchentscheidend sein. Mehr dazu: Tagi-Aussenbüro in Wädenswil eingeweiht, Jetzt geht der Zürcher Zeitungskrieg los und Der Tagi hat mit dem linken Ufer nicht genug
Dienstag
01.03.2005