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Mittwoch
18.01.2012

Der «Tages-Anzeiger» hat die Informationspflicht nicht verletzt, als er sich im Vorfeld des 2. Wahlgangs der Zürcher Ständeratswahlen auf die Kandidaturen der Favoriten Verena Diener, Christoph Blocher und Felix Gutzwiller konzentrierte und die drei weiteren offiziell ins Wahlsystem aufgenommenen Kandidaten in der Berichterstattung grundsätzlich ignorierte.

Der Presserat lehnte eine entsprechende Beschwerde des unabhängigen Ständeratskandidaten Toni Stadelmann ab. Das Gremium habe bereits in der Stellungnahme 26/2000 eine mit dem vorliegenden Sachverhalt weitgehend identische Beschwerde von Stadelmann gegen die NZZ im Zusammenhang mit den Wahlen für den Zürcher Verfassungsrat behandelt.

Der Presserat habe bereits damals darauf hingewiesen, dass das Recht der Öffentlichkeit auf Information, von dem sich die berufsethischen Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten ableiten, nicht mit dem Rechtsanspruch eines Einzelnen zu verwechseln sei, der Öffentlichkeit via den redaktionellen Teil einer Zeitung Informationen über sich selbst zukommen zu lassen. Ein solcher Anspruch existiere nicht, wenngleich das persönliche Interesse von Toni Stadelmann, der Leserschaft als Kandidat vorgestellt zu werden, legitim und verständlich sei.

«Auch wenn die Erwähnung aller Kandidatinnen und Kandidaten an sich wünschbar wäre, ist es im Sinne einer Beschränkung auf die Vermittlung der relevantesten Informationen nicht zu beanstanden, wenn sich eine Redaktion in ihrer Wahlberichterstattung auf diejenigen Kandidatinnen und Kandidaten konzentriert, welche wenigstens ansatzweise realistische Wahlchancen haben», urteilte der Presserat in dem am Dienstag veröffentlichten Urteil.