Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat begonnen, über eine Klage Deutschlands gegen das europäische Werbeverbot für Tabak zu verhandeln. Mit seiner Klage wendet sich die Bundesregierung gegen eine EU-Richtlinie vom Mai 2003, nach der die Werbung für Tabakprodukte in Zeitungen, Zeitschriften, Radio und Fernsehen weitgehend verboten sein soll. Deutschland machte dabei geltend, das Verbot richte sich überwiegend gegen lokale Medien, die EU sei daher nicht zuständig. Verleger und Werbewirtschaft sprachen im Vorfeld von einer «grossen Signalwirkung» des Streits auch für andere Werbebereiche, wie Newsroom berichtete. Das Urteil wird voraussichtlich im kommenden Sommer verkündet.
Vor dem Hintergrund zahlreicher nationaler Werbeverbote für Tabak soll die umstrittene EU-Richtlinie vom Mai 2003 den grenzüberschreitenden Handel mit Zeitungen und Zeitschriften gewährleisten. Eine erste Tabakwerberichtlinie mit dem gleichen Ziel hatte Deutschland im Oktober 2000 vor dem EuGH zu Fall gebracht. Damals machten sich die Luxemburger Richter das Argument Deutschlands zu eigen, der Zeitschriftenhandel sei zur Begründung nur vorgeschoben; in Wirklichkeit gehe es um den Gesundheitsschutz, für den die EU nicht zuständig sei. Daraufhin wurde die Tabakwerberichtlinie konkretisiert und um Regelungen für den freien Handel mit Medien ergänzt. Das weitgehende Verbot von Tabakwerbung in Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk und Internet blieb aber bestehen. Ausgenommen sind nach der neuen Richtlinie lediglich Zeitschriften, die überwiegend ausserhalb der EU gelesen werden, sowie Fachpublikationen für den Tabakhandel.
Auch mit seiner neuen Klage macht Deutschland geltend, der Handel sei nur vorgeschoben, die Regelungen seien überzogen und unnötig. Die in Deutschland betroffenen Medien würden zu über 99% im Inland gelesen. Durch den nur geringen Verkauf in anderen Ländern könne ein dort gegebenenfalls bestehendes Werbeverbot auch nicht ernsthaft unterlaufen werden. Die Medien seien aber auf ihre Werbeeinnahmen dringend angewiesen. - Mehr dazu: Werbeverbot für Alkohol und Tabak in Graubünden, Verleger-Kongress: Europa, du hast es nicht nur besser... und Nach EU-Verbot bleibt Schweiz vorläufig Werbeinsel für Tabakwerbung
Mittwoch
07.12.2005