Keine Freude an der Erfolgsrechnung der Tamedia hat die Gewerkschaft Medien und Kommunikation Syndicom. Der Gewinnsprung auf 111 Millionen Franken sei der unanständige Lohn für äusserst harte Umstrukturierungsmassnahmen, die auf dem Rücken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umgesetzt worden seien. «Kein anderes Medienunternehmen kalkuliert so knallhart jeden einzelnen Rappen», erklärte Hans-Peter Graf, Zentralsekretär Sektor Medien bei Syndicom, am Dienstag gegenüber dem Klein Report. Die riesigen Gewinne seien eine Ohrfeige für all jene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des florierenden Unternehmens, die im vergangenen Jahr - und in den beiden vorangegangenen Jahren - den massiven Sparprogrammen und Umstrukturierungen zum Opfer gefallen seien.
«Unzufrieden sind wir auch, wenn wir den Gewinn mit den Lohnanpassungen Ende Jahr oder den Abgangsentschädigungen bei der Schliessung der Druckerei in Oetwil am See ins Verhältnis stellen», so Graf weiter. Die damals nach langen Verhandlungen ausgesprochenen Abgangsentschädigungen für die Entlassenen seien ein «Klacks», wenn man bedenke, wie viel Geld die Tamedia in den vergangenen zwölf Monaten wieder verdient habe. Hans-Peter Graf weiter: «Darum unterstreichen wir, dass unsere Forderung nach einer nachträglichen Lohnerhöhung von 200 Franken für alle angemessen ist.»
In den Augen der Gewerkschaft Syndicom ist es skandalös, dass die Gewinnmarge von 13,9 Prozent auf die von CEO Martin Kall geforderten 15 bis 20 Prozent steigen soll. «Wer den Medienmarkt kennt, weiss, dass eine solche Gewinnsteigerung nur auf Kosten der Beschäftigten möglich sein wird», sagte Graf dem Klein Report. Insbesondere bei der einverleibten Edipresse würden ja weitere Konsolidierungsmassnahmen, also Entlassungen, bereits wieder «durch die Blume» angekündigt.
Sorgen mache man sich auch über die Ankündigung der Tamedia, das Radio- und Fernsehgeschäft abzustossen. «Für uns spielt nur in zweiter Linie eine Rolle, welches Unternehmen einen Sender führt», so Graf. «Für uns zählen die Arbeitsbedingungen des Personals. Ausserdem verlangen wir, dass die Besitzverhältnisse transparent sind. Bei einem Medienunternehmen ist es speziell wichtig zu wissen, wer aufgrund der finanziellen Besitzverhältnisse das Sagen hat», erklärte Graf gegenüber dem Klein Report.
Als negatives Beispiel nannte er die «Basler Zeitung», bei der immer noch nicht auf dem Tisch sei, wer Moritz Suter den Kauf der Tageszeitung ermöglicht hat. Die Gewerkschaft Syndicom verlange daher: Medien sicherten die demokratische Meinungsbildung und müssten mehr denn je davor geschützt werden, als wirtschaftliche Manövriermasse und Manipulationsmittel der Mächtigen missbraucht zu werden.
Jahresmedienkonferenz vom 12. April 2011:
Tamedia-Gruppe mit einem Gewinnsprung auf 111 Millionen Franken