Die Swisscom will sich auf jeden Fall aus den Fesseln der Bundesmehrheit befreien. «Wir sehen die Vollprivatsierung in jedem Fall als Fernziel», sagte der abtretende Verwaltungsratspräsident Markus Rauh am Dienstag an der Generalversammlung vor 1945 Aktionären. Sie vertraten 71,09% der Stimmen. Sollte die vollständige Trennung vom Bund nicht möglich sein, sei die Abgabe der Mehrheitsbeteiligung ein «Schritt in die richtige Richtung». Die Schweizerische Eidgenossenschaft hält 62,45% an der Swisscom.
Swisscom benötige ein stabiles, langfristig orientiertes Aktionariat, das unter anderem bereit sei, erhöhte unternehmerische Risken einzugehen, sagte Rauh. Swisscom benötige die Freiheit, jede Art neuer Geschäftsfelder zu erschliessen, Akquisitionen zu tätigen und Allianzen einzugehen. Es sei fraglich, ob der Staat dafür der richtige Hauptaktionär sei, sagte Rauh. Der Staat im Rücken könne unter Umständen zum besonderen Hindernis werden.
Die vom Bundesrat lancierte Diskussion um eine Privatisierung der Swisscom und der erzwungene Strategiewechsel des Bundesrates bei Auslandexpansionen haben an der Generalversammlung geringe Wellen geschlagen. Kritisiert wurde Verwaltungsrat Felix Rosenberg als Vertreter des Bundes im Swisscom-Verwaltungsrat sowie die «stümperhafte Kommunikation» des Bundes, die den Aktionären geschadet habe. Rosenberg habe als Bindeglied zwischen Bund und Swisscom seine Aufgaben vernachlässigt, sagte ein Aktionär. Dennoch wurde Rosenberg zusammen mit den anderen Verwaltungsratsmitgliedern die Decharge erteilt.
Der Strategiewechsel des Bundes hat Auswirkungen auf die Ausrichtung der Swisscom. Der Konzern richtet sich vorderhand nach dem Nein des Bundesrates zur Auslandexpansion auf Wachstumsmöglichkeiten in der Schweiz aus, wie der neue Konzernchef Carsten Schloter vor den Aktionären ausführte. Dies soll mit dem Ausbau des Kerngeschäfts und mit neuen Diensten erreicht werden. Es bestünden Möglichkeiten, auf dem Schweizer Markt neue Wachstumsmöglichkeiten zu erzielen, sagte Schloter. Swisscom sei zu entsprechenden Investitionen bereit. Swisscom wolle das traditionelle Kerngeschäft stärken und erweitern und Expansionsprojekte in neue Märkte vorantreiben, sagte Schloter. Dabei sollen die schweizerischen Geschäftseinheiten enger zusammenarbeiten. Siehe auch: Kommission des Nationalrates lehnt Swisscom-Privatisierung ab
Dienstag
25.04.2006