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Sonntag
18.09.2011

Swisscom-Chef Carsten Schloter äusserte sich in der Sonntagspresse ausführlich zur Aussage der Wettbewerbskommission (Weko), dass sie Einwände hat gegen die Zusammenarbeit der Swisscom mit den Städten beim Ausbau des Glasfasernetzes und dem damit verknüpften Entscheid der Swisscom, noch nicht unterschriebene Verträge mit einem Investitionsvolumen von 800 Millionen Franken zu sistieren.

Schloter fürchtet sich laut der Zeitung «Der Sonntag» aufgrund des neusten Weko-Entscheids vor Verstopfungen im Swisscom-Netz: «Wenn wir nicht weiter ausbauen können, können wir die Kundennachfrage in sieben, acht Jahren nicht mehr erfüllen», sagt Schloter im Interview. «Wir bauen die Netze, damit in sechs, sieben Jahren die Kunden die Leistung erhalten, die sie brauchen. Die Netze, die wir heute für unsere iPhones und iPads nutzen, hat man 2002 angefangen zu bauen. Die standen zuerst leer, weil es eine gewisse Zeit dauerte, bis die entsprechenden Endgeräte auf den Markt kamen. Das ist beim Glasfasernetz nicht anders.»

Schloter macht sich Sorgen um die Konkurrenzfähigkeit seines Unternehmens. Die Kabelnetzbetreiberin Cablecom habe heute eine leistungsfähige Infrastruktur. «Und wenn die Glasfasernetze nicht entstehen, dann ist sie in der Poleposition.» Für Swisscom bestehe langfristig somit die Gefahr, dass die Cablecom im Fernsehgeschäft wieder an der Swisscom vorbeiziehe: «Denn Fernsehen und schnelle Internetverbindungen sind ja miteinander gekoppelt. In den nächsten Jahren wird kaum ein Kunde eine getrennte Auswahl treffen für sein TV- und sein Breitbandprodukt. Deshalb brauchen wir in beiden Bereichen ein wettbewerbsfähiges Angebot.»

Auf die Frage, ob sich die Konkurrenz über den Weko-Entscheid freue, antwortet Schloter im «Sonntag»: «Das ist so, das sah ich auch am runden Tisch im breiten Lächeln von Cablecom-Chef Eric Tveter. Dieser Entscheid war das Ziel der Kabelanbieter.» Hätte man diesen Entscheid nicht absehen sollen? «Das weiss ich nicht genau. Die Comcom, die Stadtwerke und wir haben die Weko so verstanden, dass sie diesen Kooperationen Zeit gibt, um den Beweis erbringen zu können, dass ein funktionierender Wettbewerb entsteht. Rückblickend kann ich nicht sagen, ob wir und die Comcom das gehört haben, was wir hören wollten, oder ob wir uns missverstanden haben.»

In der «Sonntagszeitung» äusserte sich Schloter ähnlich: Er habe die Weko ursprünglich so verstanden, dass die Swisscom die geplanten Kooperationen mit den Elektrizitätswerken (EW) erst einmal umsetzen könne und die Weko dann je nach Marktsituation entscheiden würde, ob sie eingreife oder nicht. Erst im Gespräch mit der Weko habe sich das «Missverständnis» aufgeklärt.

Weko-Direktor Rafael Corazza zeigte sich im gleichen Blatt überrascht über diese Aussage: Die Weko habe seit Anfang Jahr in den Vorgesprächen immer betont, dass sie Preis- und Mengenabsprachen, wie sie in gewissen Klauseln der Kooperationsverträge vorgesehen waren, nicht für die kommenden 40 Jahre von Sanktionen befreien könne. Um die aktuelle Kooperationsvereinbarung zu retten, müssten die Parteien laut Corazza beim Gesetzgeber beantragen, dass dieser Bereich nicht unters Kartellrecht fällt, sondern spezialgesetzlich geregelt wird. Für Schloter ist eine solche Lösung «keine Option, weil der gesetzgeberische Prozess viel zu lange dauert», wie er gegenüber der «Sonntagszeitung» ausführte.