Der Direktor des Schweizer Werbe-Auftraggeberverbandes SWA, Jürg Siegrist, möchte gerne eine «absolute Transparenz über Vergütungen an die Agenturen», wie er im Gespräch mit dem Klein Report ausführte. Auch er plädiert für «faire Honorierungen» in der Branche. Der Klein Report setzt seine Serie mit den wichtigsten Akteuren der Schweizer Werbe- und Medienbranche fort. Dabei steht weiterhin die Kritik über das Funktionieren des Media-Marktes im Zentrum.
Klein Report: Welche Gründe gibt es für den SWA, bei der Arbeitsgruppe gegen Mediamissstände der SW Schweizer Werbung mitzuarbeiten?
Jürg Siegrist: Die Mitgliedunternehmen des Schweizer Werbe-Auftraggeberverbandes disponieren gut 70 Prozent der gesamten schweizerischen Werbung und geben dafür umgerechnet jährlich 4,2 Milliarden Franken aus. Die Schweizer Werbekosten sind wegen der Vielsprachigkeit des Landes und der vergleichsweise geringen Reichweiten ohnehin schon höher als im übrigen Europa. Wenn Gefahr besteht, dass die Mediaplanung nicht ausschliesslich auf die Zielgruppen gerichtet ist, dann wird sie zu teuer. Das Wort «Missstände» habe ich im Zusammenhang mit den Mediaagenturen übrigens nie verwendet.
Klein Report: Was erwartet der SWA von dieser Arbeitsgruppe?
Siegrist: Nicht mehr oder weniger, als was der SWA seit jeher fordert: dass absolute Transparenz erreicht wird über sämtliche Vergütungen, die Agenturen von Medienunternehmen erhalten.
Klein Report: Viel Lärm um nichts, oder welche konkreten Ziele könnte diese Arbeitsgruppe haben?
Siegrist: Was heisst «um nichts»? Es geht um viel Geld. Und damit sind keineswegs die Boni, Rabatte, Kickbacks oder was auch immer gemeint, welche Mediaagenturen von manchen Medienunternehmen erhalten. Es geht um die Gefahr, dass Mediapläne durch derartige Vergütungen beeinflusst werden könnten. Und der daraus eventuell resultierende Streuverlust kann dann ins gute Tuch gehen. Wir wollen also eine klare Honorarordnung und eine konkretere und offene Definition sämtlicher Abläufe.
Klein Report: Was kann der SWA konkret zum Erreichen dieser Ziele beitragen?
Siegrist: Die gesamte Werbe- und Medienbranche der Schweiz anerkennt den SWA als fairen und wichtigen Partner, der ihre Kunden vertritt. Und alle wissen, dass der SWA nicht locker lassen wird, bis sämtliche Geldflüsse zwischen Medien und Agenturen transparent gemacht werden.
Klein Report: Es habe auch in der Schweiz Fälle von Intransparenz zwischen Medien, Mediaagenturen und Kunden gegeben. Welche?
Siegrist: Welche es allenfalls gegeben hat, kann ich erst sagen, wenn Transparenz herrscht. Es geht dem SWA aber nicht um Schuldzuweisungen, sondern einzig und allein um die Klarheit.
Klein Report: Es gibt bei einigen Auftraggebern Unsicherheiten in der Zuweisung der einkaufsbedingten Rabatte (Bündelung der Einkaufsmacht) einzelner Agenturen.
Siegrist: Rabatte gehören grundsätzlich dem Auftraggeber; dies wurde in anderem Zusammenhang durch ein Urteil des Bundesgerichtes zu § 400ff des Schweizerischen Obligationenrechtes klar bestätigt. Davon abgesehen herrscht in der Schweiz eine sehr freie Marktwirtschaft und Vertragsfreiheit. Jeder Auftraggeber kann also mit seiner Agentur vereinbaren, wo welche Vergütungen verbleiben und ob sie als Teil des Honorars angesehen werden. Dazu muss er aber eben Kenntnis dieser Vergütungen haben.
Klein Report: Zwingen SWA-Mitglieder durch Druck auf die Honorare Mediaagenturen dazu, andere Einnahmequellen zu erschliessen - wie den Handel mit Naturalrabatten?
Siegrist: Der SWA weist seine Mitglieder bei jeder sich bietenden Gelegenheit darauf hin, dass sie von ihren Agenturen nur dann gute Dienstleistungen und eine wirklich unabhängige Beratung erwarten können, wenn sie im Gegenzug bereit sind, die Arbeit der Mediaagenturen fair zu honorieren. Fairness ist nie eine Einbahnstrasse.
Klein Report: Kann ein Werbeauftraggeber bei 0,2% Honorar von einer Mediaagentur ernsthaft kompetente Betreuung und transparente Abwicklung erwarten?
Siegrist: Bestimmt nicht - schon gar nicht bei den vergleichsweise kleinen Budgets in der Schweiz und ihrer komplizierten Medienstruktur. Ich kenne aber keinen derartigen Vertrag.
Klein Report: Welche Geldflüsse gilt es nach Meinung des SWA zu unterbinden?
Siegrist: Im Prinzip alle, welche die unabhängige Beratungstätigkeit der Agenturen irgendwie in Frage stellen können. Aber der SWA hat weder das Recht noch die Möglichkeit, wem auch immer die Zahlung von Vergünstigungen an die Vermittler seiner Kunden zu verbieten. Es genügt ja, die Geldflüsse offenzulegen.
Klein Report: Nehmen die Werbeauftraggeber in der Schweiz vermeintliche Intransparenz billigend in Kauf, solange sie selbst die Hand aufhalten (Stichwort Ferrero)?
Siegrist: Mir sind keine derartigen Fälle in der Schweiz bekannt. Aber Mauscheleien zahlen sich auf Dauer nie aus - für keinen der Beteiligten.
Klein Report: Oft wird die mangelhafte Fachkompetenz von Media-Verantwortlichen bei SWA-Mitgliedern kritisiert. Welchen Lösungsansatz sehen Sie dafür?
Siegrist: «Oft» stimmt nicht. Es sind Einzelfälle, teilweise bedingt durch den Einsatz von ausländischen Spitzenkräften, welche die Besonderheiten des Schweizer Mediaumfeldes erst kennen lernen müssen. Die Geschäftsstelle des SWA unterstützt Mitglieder, die in diesem Bereich Probleme haben.
Klein Report: Die SWA-Mitglieder sind in der Pflicht: Es geht um deren Geld und Produkte. Wie wollen sie «deutsche Verhältnisse» vermeiden, bei denen die Werbeauftraggeber wegen oder trotz der Veröffentlichungen im sogenannten «Fall Ruzicka» keinen Handlungsbedarf sehen?
Siegrist: Zunächst funktioniert der Media-Einkauf in der Schweiz anders als in Deutschland - es wird im Namen des Kunden eingekauft. Zweitens kann man den zehnmal kleineren Markt der Schweiz in keiner Hinsicht mit Deutschland vergleichen: Die Werbeszene ist hierzulande nicht unübersehbar gross - man kennt einander und nichts bleibt lange geheim. Und drittens sehen Schweizer grundsätzlich sehr rasch einen Handlungsbedarf, wenn es um ihr Geld geht.
Montag
19.05.2008