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Sonntag
12.10.2003

Die amerikanische Schriftstellerin Susan Sontag hat in Frankfurt den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten. Die Gegnerin der US-Politik kritisierte am Sonntag in ihrer Rede das «imperiale Programm» von Präsident George W. Bush. Die 70-jährige New Yorker Autorin bekam den mit 15 000 Euro dotierten Preis am Sonntag in der Frankfurter Paulskirche vor 700 Gästen überreicht. Der Friedenspreis wird seit 1950 vom Dachverband der Buchbranche traditionell bei der Frankfurter Buchmesse verliehen. Mit Sontag geht er zum vierten Mal in die USA. Der Publizist Ivan Nagel sagte in seiner Laudatio, Sontag sei durch ihre Art der Auseinandersetzung mit Kriegen und Konflikten zum «Vorbild für denkende Intellektuelle» geworden. Sie habe die «hysterischen Kriegslügen» mancher US-Regierung ebenso angeprangert wie Versäumnisse Europas.

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels ehrte Sontag mit der Begründung, sie trete «in einer Welt der gefälschten Bilder und der verstümmelten Wahrheiten» für die «Würde des freien Denkens» ein. Sie habe bei ihrer Arbeit nie das europäische Erbe aus dem Blick verloren und sei damit zur «prominentesten intellektuellen Botschafterin zwischen den beiden Kontinenten geworden».

Sontag selbst wies in ihrer Rede auf die grosse Kluft zwischen Amerika und Europa hin. In den USA stünden «zornige, abschätzende Äusserungen über Europa» auf der Tagesordnung. In Europa wiederum gebe es einen gewachsenen Antiamerikanismus. Den Menschen in den USA fällt es nach Ansicht von Sontag schwer, die Welt nicht in polarisierenden Kategorien - «die» und «wir» - zu sehen. Das begünstige nun die «imperialistischen Tendenzen» der US-Politik. «Die Amerikaner haben sich daran gewöhnt, die Welt als eine Welt von Feinden wahrzunehmen.» Angesichts der Unterschiede zwischen den USA und Europa seien die Gegensätze nicht so schnell zu lösen.