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Dienstag
22.02.2022

Medien / Publizistik

Die SP hat umgehend eine Medienkonferenz organisiert. Die Räte und Rätinnen twittern...

Die SP hat umgehend eine Medienkonferenz organisiert. Die Räte und Rätinnen twittern...

Das Datenleck bei der Credit Suisse wirft Wellen und hat seit der Publikation am Sonntag erneut eine Debatte über Medienfreiheit ausgelöst.

In den Kommentaren der Schweizer Medien wird als besonders störend eingestuft, dass Tamedia sich wegen der geltenden Regeln nicht an der Recherche des internationalen Journalistennetzwerks beteiligen konnte.

Ein Whistleblower hatte Journalisten der «Süddeutschen Zeitung» einen Datensatz mit Namen und Kontoinformationen von CS-Kunden zugespielt. Das Journalistennetzwerk Organized Crime and Corrupting Reporting Project (OCCRP) hat am Sonntag nun seine Ergebnisse weltweit öffentlich gemacht.

Schweizer Medien waren an der Recherche nicht beteiligt, da den Journalisten Haftstrafen drohen würden. Die SP nennt diesen Umstand in einem Kommuniqué «einen skandalösen Eingriff in die Pressefreiheit». Die linke Partei hat dazu am Montag über Mittag ihre Forderungen an einer Medienkonferenz präsentiert. Gefordert wird nun eine Änderung von Artikel 47 des Bankengesetzes.

Diese und frühere Enthüllungen zeigten gemäss SP-Co-Präsident Cédric Wermuth «schonungslos auf, wie Schweizer Grossbanken seit Jahrzehnten Steuerkriminalität und Korruption begünstigen».

Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo versprach in der Medienkonferenz, dass sie mit einem Postulat die Finanzaufsicht Finma stärken wolle: «Sie braucht ein griffiges Instrumentarium, um damit Verstösse wirksam zu ahnden.»

In der Wirtschaftskommission des Nationalrates will die SP ausserdem den Bund dazu auffordern, sich die geleakten Daten der Credit Suisse aushändigen zu lassen.

Gemäss dem Gesetz kann mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden, wer Informationen über Bankkunden «weiteren Personen offenbart». Dazu will die SP will in der Frühjahrssession einen Vorstoss einreichen, wie SP-Nationalrätin Samira Marti auf Twitter schreibt.

Regula Rytz, Nationalrätin der Grünen, will das Thema bereits in der aktuellen Sessionswoche in der Wirtschaftskommission des Nationalrates zur Sprache bringen, wie sie auf Twitter ankündigte. Der Maulkorb für Journalistinnen und Journalisten müsse aufgehoben werden, schreibt sie.

Während die SP Konsequenzen fordert, regt sich SVP-Nationalrat Roger Köppel vor allem über die SRG auf.

Der «Weltwoche»-Verleger spricht von «völlig unqualifizierten Vorwürfen eines Journalistenkartells». Die linken Journalisten würden auf der Grundlage von moralischen Urteilen die Credit Suisse attackieren. Bei ihrer «nebulösen, allgemeinen, pauschalen Verunglimpfung» würden sie die Rechtslage von damals gar nicht in Betracht ziehen wollen, so der Chefredaktor am Montag in seinem morgendlichen Podcast.

Insbesondere empört sich Köppel darüber, dass auch SRF über die geleakten Daten berichtet hat. «Was fällt denen eigentlich ein, gegen Schweizer Firmen eine derartige ausländische Medienpropaganda zu verbreiten? Das ist doch nicht der Auftrag unseres Schweizer Fernsehens, solche pauschalen Anwürfe aus der ganz linken Ecke zur Hauptsendezeit zu verbreiten.»

Dass auch das deutsche öffentlich-rechtliche Fernsehen an der Recherche beteiligt war, ist für Köppel ein Skandal. «Also quasi der deutsche Steuerzahler finanziert hier Angriffe auf den Bankenplatz Schweiz. Da sehen Sie die ganze Verwahrlosung der öffentlich-rechtlichen Medien, mit denen man sich noch viel, viel kritischer auseinandersetzen soll.»

Beim von den Recherchen ausgeschlossenen «Tages-Anzeiger» kommentiert Chefredaktor Arthur Rutishauser, dass es viele Gründe gäbe, seine Bankdaten geheim zu halten. «Zwei peinliche Wirtschaftsskandale der letzten Jahre wurden aber nur dank Bankgeheimnisverletzungen aufgedeckt: Der ehemalige Präsident der Nationalbank, Philipp Hildebrand, musste gehen, weil auskam, dass seine damalige Frau kurz vor der Einführung des Franken-Mindestkurses mit Devisen spekuliert hatte. Diese Bankgeheimnisverletzung ging pikanterweise auf das SVP-Umfeld zurück.»

Pierin Vincenz wiederum fiel tief, weil wegen eines Lecks bei der Bank Julius Bär Bankdaten via das Finanzportal «Inside Paradeplatz» an die Öffentlichkeit gerieten.

Offenbar zähle im Zweifel noch immer das Geschäft, nicht das Gesetz. «Genau darum braucht es auch in der Schweiz Journalistinnen und Journalisten, die recherchieren dürfen. Dass das nur ausländische Kollegen für uns erledigen müssen, ist eine Schande. Darum gehört der Maulkorb-Artikel im Bankgesetz dringend abgeschafft», fordert Rutishauser im «Tagi».

Den Gesetzesartikel hatte das Parlament 2015 beschlossen, auf Anregung der FDP. Der damalige FDP-Nationalrat und heutige Ständerat Andrea Caroni machte sich im Rat als Sprecher seiner Fraktion stark dafür.

Heute zeigt sich Caroni offen für eine Diskussion. Damals sei die Stimmung im Zusammenhang mit dem Diebstahl und Verkauf von Bankkundendaten etwas aufgeheizt gewesen.

Möglicherweise sei der Regler nicht perfekt eingestellt. «Erlaubt sein könnte es dann, wenn Journalistinnen und Journalisten darlegen können, dass das Verbreiten der Informationen zum Schutz eines übergeordneten Interesses unerlässlich ist», zeigt sich Caroni heute ein bisschen staatstragender.