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Freitag
19.06.2009

Hier hat Heidi Abel gedreht und die Mondlandung wurde hier kommentiert. Jetzt wird das Studio Bellerive am Zürichsee abgerissen. Es wird kaum noch gebraucht, bietet aber Platz für Büroräume an bester Lage. Condor-Films-Geschäftsführer Kristian Widmer über Nostalgie und Aufbruch.

Brauchen Sie das Studio Bellerive nicht mehr?
Immer weniger. Heute wird da gedreht, wo es für den Film am meisten Sinn macht. Das kann auch mal im Ausland sein. Ein eigenes Studio ist leider nicht mehr wie früher ein Wettbewerbsvorteil, sondern vielmehr ein Fixkostenblock, der Flexibilität verhindert. Zudem befindet sich das Studio von der Grösse einer Tennishalle im dritten Stock, was die Arbeit darin zusätzlich erschwert.

Was kommt nun an die Stelle des Studios?
Condor Films und Faro TV ziehen in die Studioräumlichkeiten, dort entstehen moderne Büros. Bisher waren wir im ersten und im zweiten Stock eingemietet. In den neuen Büros wird man aber nicht nur Zukunft sondern auch die Herkunft und damit das alte Studio spüren. Mit viel Licht von oben. Bisher waren die Dachfenster im Studio unerwünscht und darum völlig zugebaut.

Mit dem Abriss des Studios verschwindet ein Stück Schweizer Fernseh- und Filmgeschichte.
Das ist uns bewusst. Hier wurde TV- und Filmgeschichte geschrieben: Unter anderem hat Heidi Abel hier gedreht, und Bruno Stanek hat die Mondlandung im Studio Bellerive kommentiert. Der Umbau zeigt nun auch räumlich, was für Condor längst Realität ist. Wir sind primär Dienstleister und immer weniger Handwerksbetrieb. Condor hat junge Teams, eine neue Generation von Produzenten, und wie der Markt, wollen und müssen auch wir uns weiterentwickeln. Auf die Umbaupläne haben wir bisher keine negativen Reaktionen bekommen. Etwas Nostalgie schwingt mit, das ist klar, und das ist auch so bei mir. Aber die Mehrheit unserer Kunden und Mitarbeiter fragt meist: Warum erst jetzt?

Vor zwei Jahren hat die Condor Films wieder mit Spielfilmen begonnen. Was lief nicht gut?
Spielfilme sind High Risk. In wenigen Sparten der Filmbranche ist das kreative und finanzielle Risiko so gebündelt anzutreffen. Und niemand weiss, welcher Film beim Zuschauer ankommt. Ich habe darum immer gesagt, dass ich für mich selbst dieses Risiko nur eingehen darf, wenn ich meine gesamte Zeit dem Spielfilm widmen kann. Durch die personellen Wechsel letzten Herbst bei Condor Films und FaroTV wurde das unmöglich. Thomas Sterchi ist dankenswerterweise in die Bresche gesprungen und hat das Spiel- und Dokumentarfilmgeschäft zu 100 Prozent übernommen, während ich seinen Anteil an Condor übernahm. Condor Films konzentriert sich seit da wieder auf Auftragsproduktionen im Bereich TV-/Kinospots, auf Unternehmenskommunikation und auf TV-Produktionen. Das bekommt uns gut.

Condor Films ist ein Unternehmen der Filmdynastie Fueter. Wie stark ist heute deren Einfluss?
Die Familie Fueter hat eine Minderheitsbeteiligung und somit im Unternehmen eine Stimme, wenn auch nicht die alles entscheidende. Peter-Christian Fueter hat mich vor 15 Jahren in die Firma geholt, er war mein Förderer. Martin Fueter kenne ich ebenso lange. Es wäre dumm, auf diese einzigartigen Erfahrungswerte zu verzichten. Und ich sehe es, gerade als Mehrheitsaktionär, als Gebot der Fairness, auch meine Mitaktionäre in wichtige Fragen einzubeziehen.

Neuerdings ist auch Beatrice Tschanz im Verwaltungsrat. Als Beraterin in Sachen Kommunikation?
Nein, nicht in erster Linie. Ich wollte Leute um mich haben im Verwaltungsrat, die meine Fähigkeiten ergänzen und auch kritische Fragen stellen. Beatrice Tschanz verbindet menschliche Kompetenz mit Kommunikations- und Management-Know-how, Rochus Appert ist ein Banker mit viel betriebswirtschaftlichem Wissen, und Peter-Christian Fueter schliesslich kennt das Geschäft und die Condor Films und ihre Herkunft in- und auswendig. Wir unterscheiden uns im VR in den Sichtweisen, nicht aber in unseren Zielen. Darum sind wir ein gutes Team.