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Donnerstag
28.11.2002

Um die Unabhängigkeit der Medien ist es offenbar schlechter bestimmt, als allgemein angenommen. So würden Schweizer Medien zu einem sehr hohen Anteil Texte, Bewertungen und Zitate, die bereits von PR-Aussendungen oder anderen Texten vorgegeben werden, einfach übernehmen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Deutschen Seminars der Universität Zürich, wie Pressetext.ch schreibt. Auch bei sogenannten Qualitätszeitungen sei der Anteil solcher übernommener Textteile «viel grösser, als das Publikum erschliessen kann», erklärte Martin Luginbühl, Mitautor der Studie. Problematisch sei vor allem, wenn dadurch auch Wertungen und Gewichtungen übernommen werden.

Gemäss der Studie würden Medientexte zu einem grossen Teil aus Textpassagen bestehen, die bereits geschrieben worden sind. Grund dafür sei «ganz banal der grosse Zeitdruck», unter dem die meisten Journalisten arbeiten, so Luginbühl. Durch die Zuordnung von Texten zu einem Autorennamen entstehe der Eindruck eines individuellen Autors beim Leser. Dieser habe die Vorstellung vom «investigativ recherchierenden, unabhängigen Journalisten». Die Medien selbst seien «keineswegs bemüht, diesen Mythos zu relativieren». Luginbühl forderte deshalb eine bessere Kennzeichnung und höhere Transparenz der Quellen.

Die Studie «Medientexte zwischen Autor und Publikum. Intertextualität in Presse, Radio und Fernsehen» (Seismo Verlag) überträgt das Konzept der Intertextualität aus der Literaturwissenschaft auf die Medienanalyse. Intertextualität geht davon aus, dass ein Text nie für sich alleine, sondern immer in Beziehung zu anderen (vorangegangenen, gleichzeitgen, aber auch zukünftigen) Texten steht. Für die Studie wurden im Zeitraum zwischen April 1997 bis Februar 1998 3.200 Medientexte aus Presse, Radio und Fernsehen zu den Themen «Sozialversicherung» (national) und «Gentechnologie» (international) untersucht.