Frauen werden in Westschweizer Zeitungen weniger häufig zitiert als Männer und sind häufiger als Stereotypen präsent. Das will eine Studie von drei Sprachforscherinnen der Universität Lausanne herausgefunden haben. Untersucht wurden über 7000 Artikel in elf Westschweizer Tageszeitungen und vier Wochenzeitungen, die zwischen 1982 und 2006 publiziert wurden. Im Zentrum der Studie stand die Betrachtung einer Woche aus dem Jahre 2002, wie die Linguistinnen Sylvie Durrer, Nicole Juffer und Stéphanie Pahud am Freitag in Lausanne vor den Medien erklärten.
Ihre erste Feststellung war: Von sechs erwähnten Personen in der Presse sind fünf Männer. Mehr Raum gewährt wird den Frauen auf Regional-, Gesellschafts- und vor allem den People-Seiten. Weiter stellten die Forscherinnen fest, dass sich Stereotypen hartnäckig halten und vor allem Frauen betreffen, seien es Politikerinnen, Sportlerinnen oder Geschäftsfrauen. Allgegenwärtig sind Begriffe, die das Äussere beschreiben. Die «Frische» und «Jugendlichkeit» wird systematisch vorangestellt, auch bei über Vierzigjährigen. Bei Frauen vielfach erwähnt werden auch die familiären Bindungen (Tochter von ..., Ehefrau von ..., Mutter ..., Schwester ...). «Das sind an sich kleine Dinge. Aber die Wiederholung und vor allem die unterschiedliche Behandlung im Bezug auf Männer ist aufschlussreich», sagte Sylvie Durrer, Chefin des Waadtländer Gleichstellungsbüros.
Unterschiede zeigt die Studie auch auf zwischen Berichten, die von Frauen und solchen, die von Männern verfasst wurden. Redaktorinnen erwähnen Frauen etwas häufiger als ihre Kollegen und zitieren sie doppelt so oft. Die drei Linguistinnen fordern dazu auf, ein Adressbuch mit gleich vielen weiblichen wie männlichen Ansprechpersonen anzulegen und Begriffe wie «starker Mann» aus dem Vokabular zu streichen. So genannte Frauenthemen sollten zudem nicht stets von Redaktorinnen behandelt werden, empfiehlt die Studie. Auch sollten Geschlechterfragen in die journalistische Ausbildung integriert werden.
Sonntag
01.02.2009