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Donnerstag
10.07.2003

Die Zeitungsbranche in Deutschland befindet sich in einem tief greifenden Strukturwandel; jedes der rund 350 Zeitungshäuser sei dabei, sich zu einem komplexen Medienunternehmen mit unterschiedlichen Informations- und Kommunikationskanälen zu entwickeln, erklärte der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) am Donnerstag anlässlich seiner Jahrespressekonferenz in Berlin. Der anhaltend schwache Werbemarkt und die Entwicklung des Internets hätten diesen Erneuerungs- und Anpassungsprozess enorm beschleunigt, sagte BDZV-Hauptgeschäftsführer Dr. Volker Schulze. Vor allem kleinere Verlage stiessen dabei an die Grenzen ihrer Belastbarkeit und Möglichkeiten. Doch gebe es keine Krisenstimmung; mit nüchternem und pragmatischem Optimismus blickten die Verlage nach vorn.

Ebenso wie das Fernsehen und andere Mediengattungen litten die Zeitungen unter zweistelligen Umsatzrückgängen beim Werbegeschäft. Auch die Auflagenentwicklung sei bei den meisten Zeitungsverlagen noch negativ, doch habe sich dieser Prozess verlangsamt. Im ersten Quartal verzeichnete die Branche einen Rückgang der verkauften Auflage von 1,7%; im vergangenen Jahr wurden noch Ausfälle in Höhe von 2,6% konstatiert (1. Quartal 2002 zu 2001). Auf hohem Niveau stabil sind die Reichweiten der Zeitungen: Nahezu vier von fünf Bundesbürgern (77,3% der über 14-Jährigen) lesen täglich Zeitung.

Eine klare Botschaft richtete der BDZV an die Politik: Die Zeitungen benötigten keine staatlichen Subventionen, aber sie bräuchten dringend vernünftige und faire Rahmenbedingungen. In diesem Zusammenhang wurden die werbe- und teilweise auch pressefeindliche Politik der EU sowie die wettbewerbsverzerrende Expansion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland kritisiert. Mit Zeitungen, die noch näher am Leser seien sowie mit ganz neuen Informations- und Servicemöglichkeiten entwickelten sich die Zeitungsverlage im Bereich der Kommunikation zu Rundum-Dienstleistern in der Region. Die Zeitung sei einer der wichtigsten Faktoren zur Mitgestaltung des lokalen Lebensraums; diese Position müsse ausgebaut werden. Dies gelte insbesondere für die Eroberung der jungen Zielgruppen, so Schulze. Zeitungen müssten noch mehr Bestandteil des Alltags der Jugendlichen werden.

Schulze wies darauf hin, dass immer mehr Verlage Zeitung und Internet miteinander verknüpften: «Crossmedia in der Redaktion, beim Vertrieb, im Anzeigengeschäft und beim Marketing.» Hinzu kämen die Möglichkeiten des Internets bei der Optimierung von Betriebsabläufen. Der BDZV-Hauptgeschäftsführer hob auch hervor, dass die Verlage angesichts der enger werdenden Märkte gezwungen seien, noch stärker zu kooperieren. Vor allem beim Druck, im Vertrieb und im Anzeigengeschäft sei noch Potenzial vorhanden.

Zur wirtschaftlichen Lage der Zeitungen führte BDZV-Geschäftsführer Jörg Laskowski aus, dass die negative Entwicklung im Anzeigengeschäft weiter anhalte. Eine Prognose, wann es wieder aufwärts gehe, könne wegen der allgemeinen konjunkturellen Unwägbarkeiten nicht abgegeben werden. In den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres seien die Anzeigenumfänge (nicht Umsätze) im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um knapp 7% zurückgegangen. Die schwersten Einbrüche gab es erneut im Bereich der Stellenanzeigen (-37,6%). Rückläufig waren auch Immobilienanzeigen (-8,7%), Autoanzeigen (-5,9%) und Veranstaltungsanzeigen (-10,2%). Positiv entwickelten sich die Bereiche Familienanzeigen (+1,8%) sowie das überregionale Anzeigengeschäft mit einem Plus von 6,2%.