Ein weitestgehend über Internet und SMS organisierter Streik in Ägypten zeigt, welchen Stellenwert diese Kommunikationsmittel im autoritären Land erreicht haben. Das Internet sei «zu einem einflussreichen Mittel der politischen Meinungsäusserung und Massenmobilisierung», geworden, schreibt Reporter ohne Grenzen (RoG) am Montag. Anlass für die Herausgabe des RoG-Berichts ist der Aufruf junger Ägypter zu einem «Tag der Wut»: Mit einem Generalstreik wollen die Oppositionellen gegen Inflation und Korruption und für höhere Mindestlöhne demonstrieren.
Der Aufruf erfolgt genau ein Jahr nach dem Streik in der grössten Textilfabrik des Landes, in der Stadt Mahalla, rund 120 Kilometer nördlich von Kairo, am 6. April 2008. Am selben Tag wurde eine Gruppe der sozialen Netzwerkseite «Facebook» verhaftet, weil sie Informationen über den Streik im Internet verbreitet hatte. Seit jenem Tag bis zum Ende des Jahres 2008 wurden weitere rund 1200 Streiks für soziale Veränderung und gegen politische Repression in Ägypten organisiert - die Protestbotschaft wurde häufig online verbreitet.
Für die jüngere Generation in Ägypten gewinnt das Internet als politisches Ausdrucksmittel zunehmend an Bedeutung: Es beginnt herkömmliche Organisationsformen wie Gewerkschaften und politische Gruppen an den Universitäten zu verdrängen. Wer seinen Protest online kundtut, riskiert, Opfer staatlicher Gängelungen und Repressionen zu werden: Mehr als 500 Blogger/innen wurden im Jahr 2008 in Ägypten festgenommen. Mit der wachsenden Bedeutung des Internets verschärfen sich die staatlichen Kontrollen weiter. Derzeit ist zum Beispiel eine neue Gesetzesvorlage in der Diskussion: Gefängnisstrafen sollen wegen «missbräuchlicher Internetnutzung» sowie wegen «Veröffentlichung von multimedialen Inhalten ohne Regierungserlaubnis» möglich werden.
Montag
06.04.2009