Der Bundesrat soll die Privatisierung der Swisscom ganz neu aufgleisen. Statt wie der Nationalrat einfach Nein zu sagen, will die ständerätliche Fernmeldekommission (KVF) auf die Vorlage zwar eintreten, sie aber zurückweisen und neue Vorschläge abwarten. Die KVF hat sich am Samstag mit Stichentscheid von Präsident Thomas Pfisterer (FDP/AG) mit 6 zu 6 Stimmen bei einer Enthaltung für den Rückweisungsantrag ausgesprochen. Der Ständerat entscheidet am 7. Juni, ob er dem Nationalrat folgen will, der mit 99 zu 90 Stimmen Nichteintreten beschlossen hatte.
In der grossen Kammer hatte sich eine Koalition von CVP und SP gegen FDP und SVP durchgesetzt. Im Ständerat haben CVP und SP zwei Stimmen mehr als FDP und SVP. Es werde «hart auf hart» gehen, sagte Minderheitssprecher Rolf Escher (CVP/VS). Es werde wahrscheinlich auf eine Stimme ankommen. Der KVF sei klar, dass bei der Mehrheitsbeteiligung des Bundes von 62,45% Handlungsbedarf bestehe und die Swisscom Sicherheit brauche, sagte Pfisterer vor den Medien. Die Kommission sei sich aber einig, dass es keine «blanke» Privatisierung geben und die Swisscom nicht ins Ausland verscherbelt werden dürfe.
«Wir geben dem Bundesrat freundeidgenössisch die Chance, die Hausaufgaben noch besser zu machen als bisher», sagte Pfisterer. Die Kommissionsmehrheit wolle eine inhaltliche Diskussion mit dem Bundesrat führen, ihn in die Pflicht nehmen und ihm deshalb konkrete Prüfungsaufträge erteilen. Auch die Minderheit sei der Ansicht, dass der Bundesrat «zurück auf Feld 1» müsse, sagte Escher. Der Bundesrat müsse selber eine mehrheitsfähige Lösung finden. Das Parlament könne die verunglückte Privatisierungsbotschaft nicht heilen. Es brauche eine neue Botschaft und eine neue Vernehmlassung.
Der Rückweisungantrag der Kommissionsmehrheit umfasst einen langen Fragenkatalog. Der Bundesrat soll neben der Vollprivatisierung auch eine Reduktion der Mehrheitsbeteiligung auf 51% oder eine Sperrminorität von 33% prüfen. Dabei soll er Vor- und Nachteile der Varianten darlegen. Der Bundesrat müsse auch Wege zeigen, wie bei der Liberalisierung ein Aktionariat der Swisscom aufgebaut werden könne, das eine ausländische Übernahme und den Ersatz eines staatlichen durch ein privates Monopol verhindern könne, sagte Pfisterer. Das sei eine «virtuose Aufgabe».
Die Grundversorgung auch in Berg- und Randgebieten sei gesetzlich abzusichern, fordert die Kommissionsmehrheit. Schliesslich soll die Mehrfachrolle des Bundes als Gesetzgeber, Eigner, Regulator und Grosskunde entflochten werden, ohne dass sie an Gehalt verliert. Beschliesst der Ständerat Nichteintreten, ist die Vorlage vom Tisch. Folgt er seiner Kommission, geht der Rückweisungsbeschluss
an den Nationalrat. Bestätigt dieser den Nichteintretensentscheid, fällt die Vorlage aus den Traktanden. Votiert er dagegen für Rückweisung, muss der Bundesrat an die Arbeit. Siehe auch: Bundes-Sperrminorität soll Swisscom-Privatisierung ermöglichen und Nationalrat gegen Swisscom-Privatisierung
Sonntag
21.05.2006