Die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft SRG hat am Dienstag für das abgelaufene Geschäftsjahr eine ausgeglichene Rechnung präsentiert, startet aber wegen einer angeblich ab dem Jahr 2007 bevorstehenden Finanzierungslücke ein hartes Sparprogramm, das bis ins Jahr 2009 voraussichtlich 160 Mio. Franken bringen soll. «Die Sparmassnahmen sollen in erster Linie Gemeinkosten und erst danach Programmkosten tangieren, schreibt die SRG in einer Mitteilung, «bei Programmen soll der Rotstift primär ausserhalb der Prime Time angesetzt werden.» Das Sparprogramm sei «unausweichlich und hat personelle Konsequenzen», heisst es darin. Hinter dieses Sparszenario hat die Gewerkschaft der elektronischen Medien, das Schweizer Syndikat Medienschaffender (SSM), «dicke Fragezeichen» gesetzt und sich gegen «ein rigoroses Sparen auf Vorrat» gewehrt.
Laut der SRG-Mitteilung droht dem Unternehmen ab 2007 «eine anwachsende Finanzierungslücke, die nach heutigem Erkenntnisstand 2009 die Grössenordnung von rund 160 Mio. Franken erreichen dürfte». Dafür seien verschiedene Faktoren verantwortlich: Das neue, noch nicht verabschiedete RTVG werde zu Mindererträgen und Mehrbelastungen von rund 70 Mio. Franken führen. Hinzu kommen die Folgen der Gebührenbefreiung für Bezügerinnen und Bezüger von AHV/IV-Ergänzungsleistungen, die mit 16 Mio. Franken höher ausfallen als angenommen, sowie der Ausfall des Bundesbeitrags für Swissinfo/SRI von 14 Mio. Franken. Neue Produktions- und Verbreitungstechnologien, steigende Kosten für Sport- und Filmrechte sowie die Multimedia-Zukunft stellen die SRG SSR vor weitere finanzielle Herausforderungen - insbesondere angesichts der finanzstarken Ausland-Konkurrenz. Auch der über die Lohnsumme ausbezahlte Teuerungsbeitrag habe gegenüber dem bewilligten Finanzrahmen zu einem realen Kaufkraftverlust geführt.
Das SSM bezeichnet es demgegenüber als «falsch, ein derart ambitiöses Sparziel zu formulieren, solange die Entwicklung des SRG-Finanzhaushaltes in vielen Punkten noch nicht bekannt ist». Was die SSR-Spitze beabsichtige, sei eine «Spar- und Rationalisierungspolitik gleichsam auf Vorrat», was das SSM ebenso ablehne wie einen vorbeugenden Personalabbau. Die SRG SSR gelte - gemessen am Personalbestand - als eine der produktivsten Rundfunkanstalten Europas. Ein Personalabbau sei ohne Abstriche am Programm nicht mehr zu realisieren. Insbesondere stellt das SSM einige Fragen: «Warum werden mit den zu erwartenden Mindereinnahmen nicht auch die möglichen Mehreinnahmen (z.B. durch Werbung und Sponsoring), technischen Einsparungen (z.B. durch Digitalisierung) und automatischen Einsparungen (z.B. tiefere Lohnklassen wegen Verjüngung des Personals) verrechnet? Warum unterscheidet die SRG SSR nicht zwischen wiederkehrenden und einmaligen Kosten? Sollten die einmaligen Investitionen nicht separat über die Eigenmittel statt über die laufenden Kosten finanziert werden? Ist es angesichts der Sparszenarien sinnvoll, in der SRG SSR und ihren Unternehmenseinheiten derart hohe Reserven zu bilden, deren Verwendung unklar ist? Wie begründet die SRG SSR die explosionsartig gestiegene Zahl der Kaderstellen? Schliesslich wirft das SSM die Frage auf, «ob angesichts der gesteigerten Programmangebote und gestiegener Programmkosten (z.B. Sportrechte) eine massvolle Gebührenerhöhung angebracht wäre.»
Dienstag
28.06.2005