Die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft ist in ihrer heutigen Konstellation «einseitig markt- und technologieorientiert» und navigiere damit ihrer Selbstabschaffung entgegen. Diese Ansicht vertrat der ehemalige Direktor von Radio DRS, Andreas Blum, am Samstag in Luzern am Symposium der Stiftung Wahrheit in den Medien (SWM) zum Thema «Was für eine SRG braucht die Schweiz?». SRG-Generaldirektor Armin Walpen wollte auf die Anwürfe Blums am Symposium nicht replizieren und wollte sich nicht «bei den Un- und Halbwahrheiten aufhalten».
Blums Philippika: Die Mehrheit der SRG-Programme, vor allem beim Fernsehen, seien über weite Strecken kaum zu unterscheiden von den Produkten privater Anbieter. Die Werbung als Finanzquelle sei eine Hypothek. Sie verlange «ein geeignetes Umfeld». Das führe zur Angleichung von Programm und Werbung. Blum sparte auch nicht mit Kritik an der derzeitigen Führung: Er sehe kein Argument, warum der Leiter einer gebührenfinanzierten Institution mehr verdienen sollte als ein Bundesrat. Das unternehmerische Risiko könne kaum der Grund sei, das liege bei Null. Der Ex-Radiodirektor ortet laut dem Bericht der Nachrichtenagentur SDA hier Zeichen von Selbstherrlichkeit oder Realitätsverlust. «Service public und barockes Gehabe sind unvereinbar.» Zudem werde die SRG heute von Verwaltungsjuristen und Ökonomen geführt, während Leute mit medienspezifischer Ausprägung in der Minderheit seien.
«Was gibt es da noch zu sagen, nachdem Andreas Blum uns die Welt erklärt hat», reagierte SRG-Generaldirektor Walpen. Er habe nichts anderes erwartet und verzichte auf eine Replik. Es gelte, die Bedürfnisse der Mehrheit abzudecken, ohne die Minderheiten zu vernachlässigen, meinte Walpen. Immerhin sei eine signifikante Mehrheit in diesem Land mit dem Angebot zufrieden und man habe neben der quantitativen auch die qualitative Marktführerschaft. Konkret wünschte sich Walpen eine SRG, die die Vielfalt des Landes spiegelt, die solidarisch ist und betriebswirtschaftlich geführt wird. Ausserdem gehlte es, ihre Unbhängigkeit gegen institutionelle Druckversuche zu verteidigen.
Samstag
26.11.2005