Es gibt noch ein Leben nach dem Gebührenentscheid, auch wenn manches auf Anhieb widersprüchlich klingt: Denn mit weiteren Kostensenkungsmassnahmen will die SRG die «finanzielle Grundlage für den Ausbau der digitalen Radio- und TV-Zukunft» sichern. Wie das gehen soll, erläuterte die SRG-Spitze am Donnerstag bei einer kurzfristig einberufenen Medienkonferenz in Bern.
SRG-Generaldirektor Armin würdigte in seinem Rückblick auf den Gebührenpoker die «rasche Entscheidung des Bundesrats» vom vergangenen Dezember, für die er «sehr dankbar» sei. Auch über Medienminister Moritz Leuenberger war er voll des Lobes, obwohl die bundesrätliche Gebührenentscheidung nicht den SRG-Forderungen entsprach. Denn aus dem geforderten «zusätzlichen Bedarf von jährlich 72 Millionen Franken (oder 6,5 Prozent)» wurden schliesslich nur 30 Millionen Franken (oder 2,5 Prozent). Weitgehend zugestimmt habe, so Walpen, der Bundesrat «der Fortführung der bisherigen Leistungen der SRG und der Leistungsentwicklung, insbesondere im Bereich der technischen Modernisierung von Radio und TV». Den über Gebühren zu finanzierenden Mehrbedarf von SRG und Privaten bezifferte der SRG-Chef auf 61 Millionen Franken - 25 Millionen für die SRG sowie einen erhöhten Anteil von 36 Millionen für die Privatsender. Bei seiner Gebührenentscheidung antizipierte der Bundesrat jedoch «durchschnittliche Mehreinnahmen von jährlich 31 Millionen Franken, in dem er von einer weitaus stärkeren Zunahme der Gebühren zahlenden Haushalte ausging als die unabhängige Inkassostelle Bilag», fand Walpen.
Unterm Strich verbleibe für die SRG ein von Finanzchef Daniel Jorio virtuos illustriertes «Finanzierungsrisiko von rund 55 Millionen Franken». Was den Klein Report doch sehr an die im Swissair-Prozess oft gehörte Finanzterminologie erinnert. Da darf man nur hoffen, dass die SRG nach der nicht ganz so starken Gebührenerhöhung nicht bald vor einem Grounding steht. Ähnlich grauselig tönte es bereits im Vorfeld des Gebührenpokers aus Leutschenbach.
Man hat vorgesorgt: Auf Antrag der Geschäftsleitung habe der Verwaltungsrat deshalb das jüngst «geschnürte Massnahmenpaket zur Schliessung der Finanzierungslücke» beschlossen, um jährliche Einsparungen in dieser Grössenordnung vorzunehmen, so der Finanzer. Erreicht werden soll diese beträchtliche Kostenreduktion «mit weiteren Effizienzverbesserungen, mit der zeitlichen Staffelung» oder Verschiebung «strategischer Projekte sowie durch Verzicht auf Geplantes und Bestehendes», erläuterte der SRG-Kassenwart.
Augenfälligster und wohl populärster Posten unter dem «Verzicht auf Bestehendes» ist die Ankündigung, dass die SRG nach Auslaufen des bestehenden Vertrags ab 2008 auf die Übertragung der Formel 1 verzichten wird. Zur Begründung heisst es lapidar: «Diese Kostenmassnahme trifft eine Sportart, die gemäss der Sportstrategie der SRG nicht zur ersten Priorität gehört.» Mögliche weitere Nachbesserungen sind laut Walpen «abhängig vom Entscheid des Bundesrats zur Werbeordnung, der neuen RTV-Verordnung sowie von der neuen SRG-Konzession», die zum Jahresende erwartet werde, malte er ein weiteres Mal ein zappendüsteres Szenario.
Zudem nimmt die SRG Abstand von der Idee eines Kinderkanals. Schon bei der Bekanntgabe ihrer Pläne im November 2006 hatte die SRG die Umsetzung von ihrer finanziellen Situation abhängig gemacht. Sie will das Projekt zu einem späteren Zeitpunkt neu beurteilen.
Fernsehen in High-Definition-Qualität (HTDV) will die SRG im Weiteren aus Finanzgründen statt 2010 erst 2012 flächendeckend anbieten. Im Hinblick auf die Fussballmeisterschaften Euro 08 soll aber Ende Jahr ein Kanal eingerichtet werden, um Sendungen im HD-Format in den Landessprachen zu verbreiten. Weiter will die SRG ihre Politik der Produktivitäts- und Effizienzsteigerung fortsetzen. Zum Beispiel will sie die Informationstechnologien (IT) in sprachregionalen Kompetenzzentren konzentrieren.
Weil keine linearen Kostensenkungen vorgesehen seien, liessen sich mögliche personelle Konsequenzen auf Projekte und Einzelfälle beschränken. Die 2005 beschlossenen Sparmassnahmen im Umfang von 45 Millionen Franken pro Jahr werden weitergeführt. Mit dem Entscheid des Bundesrates steigen die jährlichen Empfangsgebühren für Radio und Fernsehen ab 1. April von 450 auf 462 Franken.
Donnerstag
25.01.2007