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Dienstag
23.06.2009

Ohne massive Korrekturen im Budget droht der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) ein Debakel. Das machten Verwaltungsratspräsident Jean-Bernard Münch und Generaldirektor Armin Walpen am Dienstag im Medienzentrum in Bern deutlich. Die Verschuldung würde bis 2014 auf 780 Millionen Franken steigen und der Eigenfinanzierungsgrad auf 12 Prozent sinken. Erlaubt sind aber nur 350 Millionen Franken Schulden, und die Eigenmittel müssen mindestens 40 Prozent der Bilanzsumme ausmachen.

Doch so weit soll es nicht kommen. In den nächsten Monaten bittet die SRG den Bundesrat um Hilfe. Walpen, der die Finanzfrage vor seinem Abgang ins Lot bringen will, sieht mehrere Möglichkeiten: «Bundesbeiträge, höhere Gebühren oder erweiterte kommerzielle Einnahmen» würden der SRG helfen, das Loch zu stopfen. Für nächstes Jahr schliesst die SRG eine Gebührenerhöhung aber aus. Mit «erweiterten kommerziellen Einnahmen» ist eine Lockerung des Online-Werbeverbots und der Unterbrecherwerbung gemeint - ein Begehren, das die im Verband Schweizer Presse organisierten Zeitungsverleger massiv bekämpfen.

Sollte die SRG kein zusätzliches Geld einnehmen, plant sie einen massiven Abbau. Über 100 Arbeitsplätze wären gefährdet und etliche Programme würden geopfert. Darunter «Virus», «Musikwelle» und in der italienischen Schweiz eines von drei Radioprogrammen. Die Kompetenz liegt beim Bundesrat. Sowohl für zusätzliche (Gebühren-) Gelder als auch für die Streichung von konzessionierten Programmen.

Eine erste Sparrunde hat die SRG am Montag selbst beschlossen. Mit den Sofortmassnahmen («Priorität 1») sollen die erwarteten Schulden um 366 Millionen Franken verringert und die Jahresrechnungen um je 30 Millionen Franken entlastet werden. Eine Massnahme ist der vorläufige Lohnstopp. Sämtliche Mitarbeiter, vom Generaldirektor bis zur TV-Moderatorin, müssen nächstes Jahr auf Teuerungsausgleich und individuelle Lohnerhöhungen verzichten. Zudem werden nicht medienspezifische Immobilien verkauft und in die verbleibenden darf nur noch werterhaltend investiert werden.

Weitere Sofortmassnahmen: Pensionierte SRG-Mitarbeiter müssen die Empfangsgebühren nun selber zahlen, Swissinfo wird auf Sparpotenzial durchleuchtet, das Kommunikationsbudget gekürzt und der Vertrag zwischen dem Tessiner Radio RSI und dem Orchester der italienischen Schweiz gekündigt. «Ich hoffe sehr, dass es nicht zu Sparmassnahmen kommt, die über die 'Priorität 1' hinausgehen», sagte Armin Walpen.

Neben der Botschaft zur finanziellen Situation äusserte VR-Präsident Münch auch seinen Unmut über die Indiskretionen von SRG-Mitarbeitenden gegenüber Medien. Vor der Beschlussfassung über die Medienkonvergenz (Zusammenlegung von Radio und Fernsehen) sei dadurch eine eigentliche Polemik ausgelöst worden. «Wenn wir wüssten, wer diese Gerüchte weitergegeben hat, hätte das Disziplinarmassnahmen zur Folge», drohte Münch auf Nachfrage eines Journalisten. Dass Medien über Meinungsverschiedenheiten berichten, sei aber normal. Hingegen falle es ihm schwer, zu akzeptieren, dass «Politiker ständig zu intervenieren versuchen, um uns vorzuschreiben, wie wir uns zu verhalten haben». Die Einmischung der Politik ins operative Geschäft der SRG schade der Sache, sagte Münch gegenüber dem Klein Report. Das gelte auch für die Nachfolge der vakanten Spitzenposten. Neben Walpen tritt auch Vizegeneraldirektor Daniel Eckmann zurück. Gemäss Münch zeichnet sich damit ein «Generationenwechsel» ab.