Zwar hat das deutsche Kartellamt dem Axel-Springer-Verlag die Übernahme der Fernseh-Gruppe ProSiebenSat.1 untersagt, aber der «Bild»- und «Welt»-Verlag gibt nicht auf: Die Unternehmung werde «die ihr zur Verfügung stehenden Rechtsmittel und Optionen prüfen», teilte Springer-Sprecherin Edda Fels am Montagabend mit. Das Kartellamt befürchtet, bei einer Übernahme des grössten deutschen TV-Konzerns (ProSieben, Sat.1, 9Live, Kabel eins, N24) bestehe die Gefahr, dass Springer eine beherrschende Stellung auf dem Lesermarkt für Boulevardzeitungen und dem TV-Werbemarkt erlange. Dadurch könnte ein «Duopol» von Springer einerseits und dem Medienkonzern Bertelsmann mit seiner RTL-Gruppe anderseits entstehen.
Springer hat nun die Option, vor Gericht zu ziehen oder beim Bundeswirtschaftsminister eine Ausnahmegenehmigung für die Fusion zu beantragen. Bereits mehrere Politiker haben sich für eine so genannte Ministererlaubnis ausgesprochen. Die Frist für den Antrag auf Ministererlaubnis beträgt vier Wochen nach Zustellung der Ablehnung durch die Kartellwächter. Mehrere Zugeständnisse Springers hatte die Wettbewerbsbehörde ausgeschlagen. Das Unternehmen bot zunächst den Verkauf seiner Programm- und Familienzeitschriften an. Anschliessend erklärte sich Springer zum Verzicht auf den Sender ProSieben bereit. Das Kartellamt begrüsste diese Lösung prinzipell, forderte jedoch, dass das Medienhaus den Sender vor einer Übernahme der Gruppe verkauft. Das lehnte Springer mit Hinweis auf rechtliche und finanzielle Fragen ab.
Auch die Medienfusionskontrolle hatte die Übernahme von ProSieben untersagt. Springer würde dadurch eine vorherrschende Meinungsmacht erlangen und die Meinungsvielfalt einschränken. Die von den Landesmedienanstalten eingesetzte Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich errechnete, dass Springer einen Zuschaueranteil von 42% erringen und damit deutlich über der Grenze von 30% liegen würde. Springer hatte am 5. August 2005 den milliardenschweren Kauf des TV-Konzerns von einer Investorengruppe um den US-Milliardär Haim Saban angekündigt.
Montag
23.01.2006