Content:

Sonntag
23.05.2004

Pech für Matthias Döpfner, den Vorstandschef des Axel Springer Verlags: Im Bieten um den hoch rentablen britischen Zeitungskonzern «Daily Telegraph» sollen die Deutschen den Kürzeren gezogen haben, wie die Zeitung «Sunday Times» berichtet. Die Muttergesellschaft Hollinger International habe das Angebot der Axel Springer AG in Höhe von 815 Millionen Euro als zu niedrig abgelehnt. Die Zeitung berief sich auf nicht näher bezeichnete Quellen mit Kenntnis der Verhandlungen. Springer sei von der Bieter-Liste gestrichen worden. Die Zeitung «The Observer» berichtete dagegen über Spekulationen, wonach Springer neben den britischen Barclay-Brüdern der Favorit für die Übernahme sei. Springer hatte zuletzt betont, es würden keine «Fantasiepreise» gezahlt. Dennoch sei man zuversichtlich, das Geschäft abzuschliessen.

Nach Darstellung der «Sunday Times» konnte Springer zwar den «Telegraph»-Vorstand überzeugen, doch Medienanalysten hätten sich gefragt, ob die Deutschen auch die Leserschaft für sich gewinnen könnten. Vor allem das Fehlen eines «kulturellen Kompasses» im Umgang mit den Eigenarten der grössten britischen Tageszeitung wurde auf der Insel bemängelt. Unklar ist laut einem Bericht der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» vom Samstag auch die Rolle von Lord Black, dem im November gekündigten CEO der «Telegraph»-Gruppe. Ihm sollen noch 30% der Anteile und mehr als 70% der Stimmrechte gehören.

Im Rennen seien noch der Verlag der britischen Boulevardzeitung «Daily Mail»; die Barclay-Zwillinge, denen unter anderem die Zeitung «The Scotsman» gehört; die Investmentgruppen Apax Partners und Candover, die ein gemeinsames Angebot unterbreitet hätten, und die Kapitalanlagegruppe 3i. Nach einem Bericht der britischen «Financial Times» vom Samstag befürchten die Bieter, dass die Übernahme von den britischen Wettbewerbsbehörden neun Monate lang geprüft werden könnte. Somit käme das Geschäft erst im kommenden Jahr zu Stande. Der «Observer» berichtete, dass Springer bereits bei Ministern in London nachgehorcht habe, ob die Regierung Bedenken gegen die Übernahme einer grossen Zeitung durch einen deutschen Konzern hätte. Das sei aber nicht der Fall gewesen.