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Freitag
24.06.2005

Nach Peter Handkes abermaligem Verteidigungsstück über die Milosevic-Jahre in Serbien, das unter dem Titel «Noch einmal Jugoslawien» in der von Sigrid Löffler redigierten Zeitschrift «Literaturen» erschienen ist, will das deutsche Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» keine Zeile mehr über den Schriftsteller veröffentlichen. In einer «Rezension» des Textes in der Online-Ausgabe des «Spiegels» vom Freitag heisst es wörtlich: «Handkes elend langer Text besteht hauptsächlich aus Ressentiments, sein Essay ist welkes Spätwerk eines hauptberuflichen Langweilers.»

«Spiegel»-Autor Claus Christian Malzahn resümiert dabei auch die «mittlerweile rituelle Züge» tragende Auseinandersetzung mit dem Text in den deutschen Feuilletons. Die «FAZ» fälle abermals ihr vernichtendes Urteil, so auch die «Zeit», die «Frankfurter Rundschau» und der «Tagesspiegel». Andere würden folgen, manche - wie die «Berliner Zeitung» - schlügen sich keck auf Handkes Seite. Da gehe es auch um Positionierungen im Debattenkuckucksheim.

«Balkan? Interessiert der uns wirklich noch? Möglicherweise ist das ehemalige Jugoslawien für den Dichter, was Hartz IV für Lafontaine ist: ein Thema, an dem man sich aus der Versenkung wieder an die Oberfläche ziehen kann», urteilt Malzahn. «Mal ehrlich: Wer von uns hat ein Handke-Buch - sagen wir, der letzten 20 Jahre - von vorn bis hinten durchgelesen und nicht nur weithin sichtbar im Regal drapiert? Die deutsche Politik und die deutsche Literatur haben die Clowns, die sie verdienen. Ansonsten gilt: Viel Feind, viel Ehr, aber: Ehre, wem Ehre gebührt. Deshalb schweigen wir ab heute über Handke», schliesst «Spiegel» seine Kritik.