Bei den Experten für Viral-Marketing, insbesondere jenen von Angelink und Assai, herrscht im Augenblick dicke Luft - ausgerechnet bei diesen hochsommerlichen Temperaturen. Angelink hat am Donnerstag per Mail den Kollegen von der Wirz-Gruppe den Kupfernen Bären für «besonders mutiges Verwenden fremden geistigen Eigentums in Wort und Tat verliehen». Einen Preis, den Assai-Geschäftsführer Michel Juhasz selbstverständlich zurückweist, wie er dem Klein Report erklärte.
Der Streit dreht sich um eine Online-Promotion von Assai für den schwedischen Automobilhersteller Saab. Dabei hat Assai ein Spiel eingesetzt, dessen Facetten jenen gleichen, die Angelink entwickelt und Kunden sowie Resellern zum Lizenzgebrauch verkauft. Sagt Markus Gabriel, Angelink-Inhaber. Assai hätte die Unterlagen zu diesen Spielmodulen bei ihm bestellt, doch sei es nicht zum Abschluss gekommen. Erst ein Mail von einem Kunden hätte ihn auf die Homepage von Saab aufmerksam gemacht. «Das war so eindeutig», sagte Gabriel zum Klein Report. «Ich habe eine Liste von Features erstellt, die in diesem Spiel zur Anwendung kommen, und alle gelb markiert, die gleich waren auf der Saab-Homepage, und es waren mehr gelbe Streifen auf der Seite», ergänzt er.
Assai-Chef Michel Juhasz hat für solche Vorwürfe nichts übrig. «Das ist absolut lächerlich», meinte er zum Plagiatsvorwurf. Viral-Marketing gebe es seit 10 Jahren, und dafür existierten auch unterschiedliche Strategien, die allerdings alle auf den mehr oder weniger gleichen Konzepten beruhten. «Diese Konzepte hat aber weder Angelink noch Gabriel erfunden, also kann auch niemand ein Urheberrecht darauf geltend machen.» Und würde Gabriel jetzt auf die Homepage von Saab klicken, würde er ein neues Spiel entdecken. Es könne unter diesen Gegebenheiten durchaus der Fall sein, dass eine Firma ähnliche Konzepte realisiere.
Trotzdem, Gabriel bleibt sauer und steigert den Tonfall: «Ich habe vier Jahre bei Wirz als Texter gearbeitet. Sowas hätten wir uns nie erdreistet zu tun. Die Kernkompetenz von Wirz ist doch das Generieren von Ideen», sagte Gabriel weiter zum Klein Report. Er ärgert sich inbesondere über einen Satz von Assai-Mitarbeiter Simon Künzler im jüngsten Jahrbuch «Marketing Kommunikation» zum Thema Viral-Marketing. O-Ton der Rempelei auf der Angelink-Homepage: «Als besonders ehrenvoll erachtet es die Jury, dass in besagtem Fachartikel auch noch Text aus der Angelink-Fachbroschüre `Viral Marketing` aus dem Jahre 2002 bzw. dem ebenso alten Web-Eintrag ohne Quellenangabe wiedergegeben wird. O-Ton Angelink: `... Dieser Anreiz kann promotioneller, oder nutzenorientierter Natur sein, kann den natürlichen Spieltrieb nutzen oder auf psychologischen Motiven wie Freundschaft, Anerkennung, Teamgeist oder Kompetition aufsetzen.` O-Ton Künzler: `... Der Anreiz kann promotioneller oder nutzenorientierter Natur sein, kann den natürlichen Spieltrieb des Menschen nutzen oder auf psychologischen Motiven wie Freundschaft, Anerkennung, Teamgeist oder Wettbewerb aufbauen.`»
Da es für solche Internet-Geschichten kaum juristische Schutzmöglichkeiten gebe, «haben wir uns als Abschreckung für weitere Übergriffe den Kupfernen Bären einfallen lassen», schreibt Angelink-Inhaber Markus Gabriel in seiner Medienmitteilung. Juhasz kontert trocken: «Bei Angelink herrscht wohl Sommerflaute.»
Donnerstag
23.06.2005