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Dienstag
02.03.2004

Wem gehören die Hyperlinks und wer darf die «Erfindung» für sich beanspruchen, dass man mit einem Mausklick eine Bestellung im Internet absetzen kann? Solche und andere Fragen beschäftigen derzeit die Patentgeber. Während in den USA für so genannte «computerimplementierte Erfindungen» laufend Patente erteilt werden, ist die Debatte in Europa noch in vollem Gange. Die Erfahrung aus Übersee zeigt, dass im Vordergrund meist der Schutz der Investition steht, nicht der Innovation. So konnte der Internet-Buchhändler Amazon.com die Idee, eine Online-Bestellung mit einem Klick auslösen zu können ebenso schützen lassen wie jene eines Online-Bestellformulars, bei dem sich Teile wegklicken lassen. Eine andere US-Firma nutzte ein Patent auf Video-Übertragungen im Internet, um von Herstellern von Videoübertragungssoftware Lizenzen zu kassieren und gegen Online-Porno-Anbieter vorzugehen.

Seitdem in den USA Patente auch für reine Software oder sogar blosse Geschäftsmethoden erteilt werden, droht sich die Computer- und Internet-Industrie allerdings zusehends ins Aus zu manövrieren: Patente auf Software und Geschäftsmethoden dienen meist nicht mehr der Förderung und dem Schutz von Innovationen, sondern werden vor allem als Waffe gegen Konkurrenten, als Währung für Gegengeschäfte oder als Instrument für Trittbrettfahrer genutzt. «Das System droht, sich selbst zu zerstören», warnte der Chefjurist der Netzwerkfirma Cisco an einer Anhörung der US-Behörden im letzten Herbst. Er räumte aber zugleich ein, dass auch seine Firma jedes Jahr Hunderte von Patenten anmelde, ohne dass dies mit dem Schutz von Innovation zu tun habe. Viele solcher Patente tauchen erst aus der Versenkung auf, wenn sich eine Technik oder ein Konkurrent etabliert hat: So versuchte British Telecom vor zwei Jahren, ein US-Patent auf Hyperlinks durchzusetzen.

In Europa konnten die Exzesse des US-Patentrechts bisher vermieden werden. Doch die Patentierbarkeit von «computerimplementierten Erfindungen», manchmal ist auch nur von «Softwarepatenten» die Rede, sorgt auch in Europa für Debatten. So befand das Europäische Parlament letzten September in einer ersten Lesung über den Entwurf einer EU-Richtlinie zum Thema, dass es in der EU anders als in den USA weiterhin keine Patente auf reine Software oder Geschäftsmethoden geben soll. Auch sollen Patente nicht benutzt werden können, um die Interoperabilität von Systemen einzuschränken. Doch das letzte Wort ist damit nicht gesprochen. Denn dem Entwurf des Europäischen Parlaments muss auch der EU-Ministerrat zustimmen. Dessen Experten haben sich in einem Arbeitspapier Ende Januar aber gegen viele der Beschränkungen der Patentierbarkeit ausgesprochen. Die Debatte ist damit neu entbrannt.