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Donnerstag
19.12.2002

Goethe musste die 1700 Briefe, Billetts und Zettelchen, die er heimlich an seine grosse Liebe Charlotte von Stein schrieb, noch über einen Diener überbringen lassen. Wie viel leichter und diskreter hätte es der Dichter mit SMS gehabt. Ob Abschiede, Liebeserklärungen oder ganz banale Verspätungen - auch im Handy-Zeitalter lassen sich Botschaften poetisch verpacken - Anregungen bietet das Bändchen «SMS-Lyrik - 160 Zeichen Poesie», das jetzt in der Reihe Hanser im Deutschen Taschenbuch Verlag erschienen ist.

160 Gedichte - von Goethe über Eichendorff bis Erich Fried und Robert Gernhardt - hat Lyrikexperte Anton G. Leitner zusammen getragen und herausgegeben. Mit 160 Zeichen alle SMS-tauglich, einige berücksichtigen sogar die neue Handy-Generation mit bis zu 300 Zeichen. «Das war eine aufwendige Zählarbeit - manchmal waren die Gedichte genau ein Zeichen zu lang», berichtet der Herausgeber der Zeitschrift «Das Gedicht». Einige Gegenwartsautoren bat er, extra für das Buch einige Zeilen zu schreiben. «Denke so oft an dich schreibend schreibend einmal pro stunde ein leises stolpern der finger», dichtete etwa die Berliner Autorin Tanja Dückers. - Anton G. Leitner, «SMS-Lyrik - 160 Zeichen Poesie». dtv 2002, 100 Seiten, Fr. 10.80.