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Mittwoch
28.05.2008

Die früheren Siemens-Korruptionsbekämpfer waren selbst in das System der schwarzen Kassen eingeweiht. Dies sagte ein weiterer Zeuge am dritten Prozesstag am Mittwoch vor dem Landgericht München. Die Compliance-Abteilung habe vom Schmiergeldprozedere bei Siemens gewusst und sogar eine Änderung gefordert, nachdem österreichische Banken Informationen über dubiose Geldtransfers verlangt hätten, sagte der frühere Siemens-Manager Heinz Keil von Jagemann.

Auf Druck der Zentrale hätten zwei Compliance-Beauftragte, die heute noch für Siemens tätig sind, die für die Abwicklung der Schmiergeldzahlungen zuständigen Beschäftigten angesprochen und gefordert: «Lasst euch etwas anderes einfallen». So seien die Anteile des Schmiergelds am Auftragswert reduziert worden. Anfangs seien noch bis zu 30 Prozent üblich gewesen, ab etwa 2001 hätten die internen Korruptionsbekämpfer fragwürdige Provisionen von fünf bis sechs Prozent als «sittlich gerechtfertigt» betrachtet.

Zuvor habe Jagemann grosse Mengen von Bargeld und Überweisungsträgern in schweren Pilotenkoffern ins Nachbarland gebracht. «Ich hätte mir fast einmal einen Rückenschaden zugezogen.» Auch den Rechnungsprüfern seien die dubiosen Praktiken geläufig gewesen. Den Prüfern seien die Zahlungen auch regelmässig aufgefallen, allerdings sei nichts weiter geschehen. «Die KPMG kannte das Thema», sagte Jagemann. «Das hat uns natürlich sicherer gemacht.» Der Konzern hatte dubiose Zahlungen über 1,3 Mrd. Euro von 1999 bis 2006 eingeräumt. Der Gesamtschaden belief sich zuletzt auf 1,8 Mrd. Euro. - Mehr dazu: Siemens-Schmiergeld-Prozesse beginnt mit Geständnis