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Sonntag
12.06.2005

Weil ihr Held vor 100 Jahren in den Ruhestand trat, pilgern Jünger des britischen Ur-Detektivs Sherlock Holmes vom 15. bis 23. Juni in die Schweiz. Organisiert hat die Wallfahrt zu gedenkträchtigen Stätten die Holmes Society in London. Die Fans der von Sir Arthur Conan Doyle geschaffenen literarischen Gestalt dürften bei ihrem Aufenthalt nicht unbeachtet bleiben. Die Holmes-Gesellschaft verlangt nämlich von ihnen epochegerechte, also viktorianische Kleidung. Jeder Reiseteilnehmer muss gemäss Statuten zwei stilechte Kostüme mitbringen, um einen Charakter aus einer Holmes-Geschichte verkörpern zu können.

Die Wallfahrt der «Holmesianer» beginnt mit zwei Tagen in Bern. Dort nehmen sie an den Veranstaltungen zum 100. Geburtstag der Relativitätstheorie von Albert Einstein teil. Die Reise geht dann ins Wallis und endet in Meiringen. Auf ihrer Fahrt geben sich die Reiseteilnehmer nicht mit historischen und mit Holmes verknüpften Orten zufrieden. Bei einem Zwischenhalt in der Universität Lausanne lassen sie sich über moderne Kriminalermittlungen informieren und diskutieren den Einfluss Holmes` auf diese Methoden.

Im Wallis geht die Wallfahrt nach Zermatt, auf die Riffelalp. Hier hatte Doyle während eines Aufenthalts mit seiner Frau - sie litt an Tuberkulose - die Idee, Holmes bei einem Kampf gegen seinen Dauerfeind Professor Moriarty verschwinden zu lassen. Schliesslich siedelte Doyle diesen Endkampf in den Reichenbachfällen bei Meiringen BE an. Die Holmes-Anhänger spielen die Szene am 22. Juni werkgetreu nach. Holmes` Untertauchen allerdings war nur von kurzer Dauer. Doyle wollte sich vom «Brotberuf» ab- und seriöserer literarischer Arbeit zuwenden. Auf eindringliches Bitten seiner Verleger, der Leserschaft und nicht zuletzt der Mutter entschloss sich der Autor dann aber, Holmes auferstehen zu lassen.

Der Detektiv bestand in der Folge noch weitere 33 Abenteuer. 1905 gewährte ihm sein Schöpfer den Rückzug aufs Altenteil. Doyle schickte Sherlock Holmes ins geruhsame Imkerdasein nach Sussex. Die erste Holmes-Gesellschaft gründeten Schriftsteller und Journalisten im Januar 1934 in New York. Sie nannten sich Baker Street Irregulars, nach dem Wohnsitz des Detektivs. Die englische Sherlock Holmes Society wurde einige Monate später ins Leben gerufen. Heute gibt es 500 ähnliche Vereinigungen in der ganzen Welt.