Grosse Aufregung am Zürcher Leutschenbach: Direktorin Ingrid Deltenre (48) vom deutschsprachigen Schweizer Fernsehen (SF) tritt zurück und wird ab dem kommenden Jahr Generaldirektorin der European Broadcasting Union (EBU) in Genf. Ein Communiqué der SRG Deutschschweiz vom Freitagnachmittag zitiert sie wie folgt: «Für mich ist der Moment gekommen, etwas Neues anzufangen. An der neuen Aufgabe reizen mich vor allem die internationale Ausrichtung der multinationalen Organisation sowie die breite attraktive Aufgabenpalette.» Die Wahl von Ingrid Deltenre zur Generaldirektorin der EBU mit 300 Mitarbeitenden in Genf, Peking, Brüssel, London, Madrid, Moskau, New York, Singapore und Washington sei am Freitag durch den Exekutivrat der EBU erfolgt.
Mitgespielt beim Rücktritt von Ingrid Deltenre haben gewiss auch die Querelen um die Wahl eines neuen Direktors für Radio DRS sowie um die damit einhergehenden Kulissenschiebereien im Hinblick auf eine vorgesehene neue «Super-Direktion» für Radio und Fernsehen. Dies negierte SF-Sprecher Urs Durrer allerdings gegenüber dem Klein Report: «Wir hatten fest damit gerechnet, dass sie länger bleiben werde, aber da ist ihr diese Anfrage der EBU auf den Tisch geflattert, sie solle sich um die Stelle bewerben.»
Ingrid Deltenre wurde per 1. Januar 2004 Nachfolgerin von Peter Schellenberg als SF-Direktorin. Zuvor war sie Geschäftsführerin der SRG-Vermarktungs-Tochter Publisuisse. Armin Walpen bedauert als Generaldirektor SRG den Abgang von Direktorin Ingrid Deltenre sehr: «Sie hat einen ausgezeichneten Leistungsausweis vorzuweisen. Mit grossem Erfolg hat sie das Schweizer Fernsehen programmlich und strukturell neu positioniert und es ins digitale Zeitalter geführt. Sie hat Wege gefunden, auf welchen SF den immer unterschiedlicheren Ansprüchen des Publikums gerecht wird. Trotz der mächtigen ausländischen Konkurrenz erzielt SF nach wie vor hervorragende Quoten.»
Bei Publikum und Angestellten erntete Deltenre in den vergangenen Jahren allerdings nicht nur Lob. So stiess etwa die Absetzung der beliebten TV-Soap «Lüthi und Blanc» im Jahre 2006 weitherum auf harsche Kritik. Die anschliessend produzierte Ärzteserie «Tag und Nacht» erwies sich als Flop. Auch die Late-Night-Show «Black`n`Blond» mit Roman Kilchsperger und Chris von Rohr fiel beim Publikum durch.
Die EBU ist die Vereinigung von 75 öffentlich-rechtlichen Rundfunkunternehmen aus 56 Ländern in Europa mit Sitz in Genf. Die EBU unterstützt ihre Mitglieder in rechtlichen, technischen und programmlichen Belangen und beliefert sie mit Wirtschafts- und Marktanalysen. Des Weiteren koordiniert die EBU den täglichen Programmaustausch zwischen den europäischen Rundfunkunternehmen in den Bereichen News, Sport und Musik und verhandelt eine Reihe von Sportrechten für ihre Mitglieder.
Über die Nachfolge von Ingrid Deltenre als Direktorin des Schweizer Fernsehens werde der Verwaltungsrat SRG-Deutschschweiz in den nächsten Tagen beraten, heisst es weiter in der SRG.D-Mitteilung. Am 6. April hiess es noch: Mediapulse: Ingrid Deltenre soll auf Walter Rüegg folgen. Ende 2006: TV-Direktorin Ingrid Deltenre: «Die wollen alle meinen Job». Mehr zu Ingrid Deltenre im Archiv
Samstag
06.06.2009