Seit der Umwandlung der Abendzeitung «Die Tat» in die kurzlebige Tageszeitung «Tat» unter Chefredaktor Roger Schawinski im April 1977 hat es in der Schweiz keine Abendzeitung mehr gegeben. Zwar hat es seither verschiedene Anläufe gegeben, sie sind aber nie bis zur Marktreife gediehen. So arbeitete der spätere «10vor10»-Moderator und heutige «Weltwoche»-Chefredaktor Jürg Wildberger Mitte der 80er-Jahre am Konzept einer «Zürcher Abend-Zeitung», aus der aber mangels Geld nichts wurde. Zehn Jahre später spielte der heutige Bundesrat Christoph Blocher, dem das «Bündner Tagblatt» gehörte, mit dem Gedanken einer konservativen Abendzeitung für die Deutschschweiz. Kurzfristig hätte auch das «Volksrecht»-Nachfolgeblatt «DAZ» («Die andere Zeitung») zum Abendblatt werden sollen. Auch in Bern wurden Abendpläne gewälzt («Tagblatt für die Stadt Bern»). Im Tessin war im Jahr 2003 der Ofen für «Ticino Oggi» nach etwa 200 Ausgaben aus, nachdem es zehn Jahre zuvor die Gratis-Abendzeitung «Buonasera» auf keinen grünen Zweig gebracht hatte.
Das Hauptproblem bei einer Abendzeitung besteht darin, dass sie nur während etwa drei Stunden (von 16 bis 19 Uhr) verteilt werden kann, wozu der Redaktionsschluss je nach Standort der Druckerei(en) auf 13 bis 14 Uhr anzusetzen ist. Zwischen dem Druckbeginn der Morgenblätter und diesem Termin passiert aber in den entscheidenden Nachrichtenmärkten relativ wenig. Es besteht darum die Gefahr, dass in der Abendzeitung nochmals dasselbe steht, was schon in den Morgenausgaben stand. Zudem stehen Abendblätter in einer starken Konkurrenzsituation zu den elektronischen Medien. Jetzt glaubt der Ringier-Verlag an ein «durch Gratiszeitungen verändertes Leseverhalten». Marktforschungen hätten ergeben, dass inzwischen ein Bedürfnis für eine Abendzeitung bestehe. - Mehr dazu: Ringier lanciert Gratisabendzeitung «heute»
Dienstag
28.03.2006